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Die Perle des Leinetals

18. April 2019
Sie ist eines der schönsten und beliebtesten Ausflugsziele im Landkreis Göttingen: die Burg Plesse. Hoch oben thront sie über Eddigehausen im Pleßforst. Ihre beiden hell gekalkten Türme sind als Landmarke sogar aus Northeim oder aus Dransfeld zu sehen. Die „Perle des Leinetals“ bietet selbst einen weiten Blick ins Umland und bei klarer Sicht sogar bis […]

Sie ist eines der schönsten und beliebtesten Ausflugsziele im Landkreis Göttingen: die Burg Plesse. Hoch oben thront sie über Eddigehausen im Pleßforst. Ihre beiden hell gekalkten Türme sind als Landmarke sogar aus Northeim oder aus Dransfeld zu sehen. Die „Perle des Leinetals“ bietet selbst einen weiten Blick ins Umland und bei klarer Sicht sogar bis zum Brocken im Harz. Ich bin selbst gerne auf der Burg. Hier herrscht eine ganz eigene Atmosphäre. Die Menschen sind irgendwie entspannt und pflegen einen freundlichen Umgang miteinander. Es macht einfach Spaß, hier zu sein. Viele Besucher kommen bei entsprechenden Wetterbedingungen gerne zum Sonnenuntergang her, den die meisten dann von der Wiese oder der westlichen Burgmauer aus zu jeder Jahreszeit genießen können. Viele gute Gründe für mich, der Faszination, die diese Burg seit über 280 Jahren ausübt, nachzuspüren.

Die Burg auf Trab halten

Beliebtes Schauspiel: Der Sonnenuntergang auf der Burg. Foto: Christoph Mischke

Ich treffe mich mit Thomas Moritz auf dem Burggelände. Er ist seit vielen Jahren Mitglied des Vereins „Freunde der Burg Plesse e.V.“ und der Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats. Burgen haben es dem Grabungstechniker und Castellologen allgemein angetan und speziell die Burg Plesse ist ihm eine Herzensangelegenheit. Deshalb kümmert er sich auch, wenn es etwas zu tun gibt, und das ist bei einem derart alten Gemäuer nahezu täglich der Fall. Er räumt in den Außenbereichen auf, pflegt den burgeigenen Kräutergarten und kümmert sich rund ums Jahr um den Grünschnitt. „So eine Burg muss man auf Trab halten“, lautet seine Devise. Einmal ganz abgesehen von seinem Engagement, weiß dieser Mann einfach alles rund um die Burg-Geschichte seit der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 1015.

Bergfried und Sydekum

Willkommen: Das untere Tor als Zugang zur Vorburg. Foto: Christoph Mischke

Aber halt, soweit zurück in die Historie möchte ich gar nicht. Dass der Bergfried oder „der große Turm“, wie Moritz ihn nennt, nach seiner Restaurierung in den Jahren 2017/2018 wieder begehbar ist, wusste ich. Auch das Paare hier, zumindest in den Sommermonaten, den Bund der Ehe schließen können, in der kalten Jahreszeit auch im Gewölbekeller, ist mir bekannt. Auf der Burg befindet sich eine Außenstelle des Standesamts Bovenden. Wie aber heißt der gegenüberliegende schlanke Turm mit seinem Blechhütchen-Dach an der Südwest-Flanke des Geländes? „Das ist der kleine Turm“, antwortet der Burgenforscher. Ach nee, denke ich noch, da legt Moritz nach. „Dieser Wartturm nennt sich auch Sydekum, das ist niederdeutsch für „sieh dich um“. Er ist leider nicht begehbar, aber es gibt Bestrebungen, ihn in weiterer Zukunft, zumindest teilweise für die Besucher zu öffnen.“ Immerhin war er, wie Moritz mir berichtet, einmal ein echtes Gefängnis, wie es nur wenige Burgen besaßen.

Funde aus Keramik, Glas und Metall

Wuchtig: Der Bergfried von außen…

…und von innen. Fotos: Christoph Mischke

Das geballte Wissen sprudelt nur so aus ihm heraus. Vielleicht sollte ich einmal eine Führung bei ihm buchen. Wissenswertes bietet die Plesse ja nun wirklich genug und der Castellologe ist thematisch nicht festgelegt. „Ganz gleich, ob über die Geschichte der Burg, die Bauten, ihre Bewohner der vergangenen Jahrhunderte oder die Funde aus Keramik, Glas oder Metall“, sagt er, „die Besucher können sich ihre Themen aussuchen.“ Wer jetzt neugierig geworden ist, kann Thomas Moritz über Telefon 0151/15399507 kontaktieren. Seit rund 32 Jahren gibt es außerdem den sogenannten „Dämmerschoppen“ auf der Burg. Er wird bei freiem Eintritt an jedem letzten Dienstag im Monat um 19.30 Uhr im Gewölbekeller der Burgschänke veranstaltet. In abendlicher Atmosphäre zu Bier, Wein und leckeren Speisen halten Wissenschaftler aus ganz Deutschland Vorträge zur Burgenforschung.

Grandiose Fernsicht

Fernsicht: Blick über den Sydekum auf Eddigehausen und das Leinetal. Foto: Christoph Mischke

Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, verbinde ich die Burg Plesse immer mit „abenteuerlichen“ Ausflügen. Es gibt ja für Kinder auch kaum etwas Schöneres, als zwischen den großen Linden auf dem Burghof herumzutoben, geheimnisvolle Nischen zu entdecken oder auf den Ruinen-Mauern der Kapelle zu balancieren. Der Aufstieg auf den Bergfried mit seiner je nach Wetterlage grandiosen Fernsicht war dann immer das Highlight. Während des Gesprächs mit Thomas Moritz fühle ich mich immer wieder in meine Jugend versetzt. Auch heute ist die Burg Plesse ein Magnet für Wanderer und Touristen, für Mountainbiker und Motorradfahrer, für Familien und Vereine. Vor allem die Studierenden aus Göttingen scheinen einen Narren an dieser Feste gefressen zu haben.

Romantische Studenten

Verträumt: Die Ruine der Burg-Kapelle. Foto: Christoph Mischke

„Dass die Studenten sich auf der Plesse besonders wohl fühlen hat Tradition“, weiß Thomas Moritz. Die Herrschaft endete dort 1571, als die letzten Herren von Plesse gestorben waren. Danach fiel der Besitz an die Landgrafen von Hessen-Kassel, die Burg, Bewohner und Umland gegen den Herzog von Braunschweig beschützt haben. Ab 1660 wurde die Plesse gänzlich verlassen und die Steine ihrer Gemäuer dienten in den umliegenden Dörfern als Baumaterial. Das beschleunigte naturgemäß ihren Weg zur Ruine. 74 Jahre später, im Jahr 1734, wurde die Göttinger Universität Georgia Augusta gegründet. „Die damaligen Studenten waren allesamt Romantiker“ berichtet Moritz, „und haben ihre Umgebung durch ausgedehnte Wanderungen erkundet. Da war es kein Wunder, dass sie schnell die Plesse für sich entdeckt hatten.“ Braunschweig und Kassel waren weit weg und niemand kontrollierte die „lose Gesellschaft“, die sich auf und um die Plesse versammelte.

Tanz, Gesang und Kartenspiel

Unter freiem Himmel: Der Burghof unter alten Linden. Foto: Christoph Mischke

„Es war eine Art rechtsfreier Raum“, sagt der Castellologe, „und so hat sich ein ganz eigenes Klima in der hessischen Enklave im Braunschweigischen entwickelt.“ Die Studenten konnten dort Dinge tun, die anderswo nicht so einfach möglich waren: Sie feierten ausgelassene Fêten, sie sangen, tanzten, würfelten und spielten Karten. Und, als hätte man es geahnt: Am Weg zur Plesse traf man häufig auch eine Dame des horizontalen Gewerbes an, das sogenannte „Plesse-Hannchen“. Die Eddigehäuser haben sich seinerzeit sehr schnell mit der feiernden Gesellschaft arrangiert und die mobile Bewirtung, Catering würde man heute sagen, des akademischen Nachwuchses übernommen. „Die Studenten“, so Moritz, „ meldeten sich an und bestellten bei den Dorfbewohnern Speisen und Getränke: Bier aus Nörten-Hardenberg oder Einbeck, Hühner und Eichsfelder Stracke.

Goethe, Grimm und Wilhelm Busch

Zu Ehren des Dichters: Thomas Moritz an der Goethe-Linde. Foto: Christoph Mischke

Natürlich waren nicht nur Studenten auf der Plesse zu Gast, auch bekannte Persönlichkeiten der Zeit besuchten die Burg. Die Brüder Grimm sollen hier gewesen sein, und Wilhelm Busch war definitiv auf der Burg und hat später den Bergfried gezeichnet. 1801 hat kein Geringerer als Johann Wolfgang von Goethe der Plesse einen Besuch abgestattet. Ein befreundeter Professor lud den Dichter und Naturforscher zu einer Wanderung mit anschließendem Picknick auf der Festung ein. Goethe weilte in Göttingen auf dem Rückweg von einer Kur in Bad Pyrmont, um hier weiter an seiner Farbenlehre zu arbeiten. Er wohnte beim Instrumentenmacher Krämer in dem Haus Nummer 12, der später nach ihm benannten Goetheallee. Also ganz in der Nähe der Uni-Bibliothek, die damals wie heute den Ruf genoss, eine der Weltbesten zu sein. Wo genau auf der Burg sich der Dichter mit seinem Gastgeber zum Essen unter freiem Himmel niedergelassen hat, ist nicht exakt überliefert, „aber“, so der Burgenforscher, „dass es unter der Linde auf dem Eichsfeld-Plateau war, ist höchstwahrscheinlich.“ Deshalb wurde sie später Goethe-Linde genannt. Überliefert ist allerdings ein Erinnerungsvers Goethes, den er an die Gräfin Egloffstein schrieb:

Auf diesen Trümmern hab ich auch gesessen,

Vergnügt getrunken und gegessen

Und in die Welt hinausgeschaut:

War aber wenig nur davon erbaut.

Kein liebes Kind gedachte meiner,

Und ich fürwahr gehörte keiner;

So war die ganze Welt umgraut.

Ihr wisst ja selbst, was sie erheitert,

Die Horizonte stufenklar erweitert.

Gastronomie auf der Burg

Betriebsleiterin Cindy Fischer und Pächter Jan-Philipp Vakalopoulos. Foto: Christoph Mischke

Vom Turm gesehen: Außengastronomie im Burghof. Foto: Christoph Mischke

Heute müsste Goethe auf der Plesse nicht mehr picknicken, denn seit vielen Jahren gibt es eine ausgezeichnete Gastronomie auf der Burg. Anfang 2018 haben Jan-Philipp Vakalopoulos und sein Geschäftspartner Manuel Gölling als Pächter die Burgschänke übernommen. Mit ihrem 27-köpfigen Team von festen Mitarbeitern und Aushilfen bieten sie als eines der wenigen Lokale in der Umgebung eine gute deutsche Küche. Neben den traditionellen Fleisch- und Fischgerichten offeriert die Burgschänke zahlreiche eigens kreierte Gerichte, die den Bedürfnissen von Vegetariern und Veganern gerecht werden. „Wir haben ein gutes Niveau erreicht“, sagt Vakalopoulos, „und uns als Restaurant in der Region etabliert, aber natürlich wollen wir auch Touristen und Wanderer glücklich machen.“

Saisonale Küche in der Burgschänke

Zum Sattwerden: das Plesse-Bauernfrühstück. Foto: Christoph Mischke

Für die Pächter ist das problemlos vereinbar, denn sie bieten ihren Gästen eine dreigeteilte Speisekarte, die sich aus der Grundkarte, einer Wanderer-Karte sowie aus der Saison-Karte zusammensetzt. Die saisonale Küche besitzt für Vakalopoulos einen hohen Stellenwert. Je nach Jahreszeit können sich seine Gäste auf ausgesuchte Spezialitäten von Spargel, Lamm, Matjes, Pfifferlingen, Grünkohl und Gans freuen. „Die gute Mischung macht es aus“, weiß der Gastronom. Neben der Gaststube bewirtschaftet er auch den Burghof, der sich vor allem in den Sommermonaten großer Beliebtheit erfreut. Ich konnte nicht widerstehen und habe mir bei Sonnenschein aber kühlen elf Grad das „Plesse Bauernfrühstück“ nach draußen bestellt. Mit knusprigen, in Ei gestockten Bratkartoffeln, saftigen Zwiebeln, krossen Schinkenwürfeln und Gewürzgurken. Einfach lecker und, das sollten Wenigesser wissen, eine echte Portion zum Sattwerden. In seinen Räumlichkeiten, zu denen auch der urige Gewölbekeller zählt, richtet Vakalopoulos auch gerne Hochzeiten, Geburtstage, Firmenfeiern oder Konfirmationen aus.

Kostümführung mit „Adelheid von Plesse“

Dr. Gudrun Keindorf in ihrer Rolle der “Adelheid von Plesse”. Foto: Privat

Wer jetzt, im Wortsinn, auf den Geschmack gekommen ist, kann seinen Plessebesuch mit einem ganz besonderen Schmankerl abrunden. Burgführerin Dr. Gudrun Keindorf begleitet Besucher auf drei ganz unterschiedlichen Touren. Unter anderem nimmt sie ihre Gäste im Rahmen einer Kostümführung als „Adelheid von Plesse“ mit auf eine Zeitreise durch die Burg- und Weltgeschichte aus der Perspektive einer Burgfrau. Keindorf ist unter Telefon 05594/804702 oder per Email unter: g.keindorf@t-online.de zu erreichen.

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Christoph Mischke

Ich bin in "Chöttingen cheboren", so wie es wohl Schorse Szültenbürger in seinen vergnügten Geschichten in Göttinger Mundart geschrieben hätte. Ich hatte immer das Glück in meiner Heimatstadt leben und arbeiten zu können und halte es mit dem Historiker August Ludwig von Schlözer, der sagte: "Extra Gottingam non est vita, si est vita non est ita." (Außerhalb Göttingens kann man nicht leben, wenn aber doch, dann nicht so gut).
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