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Mobilität im Wandel

7. März 2019
Seit seiner Eröffnung im Juni 2014 war ich schon einige Male im PS-Speicher in Einbeck. Ich liebe diese Erlebnisausstellung zu Geschichte, Gegenwart und Zukunft der individuellen Fortbewegung auf Rädern. 5.000 Quadratmeter geballte Information, zeitgeschichtlich eingeordnet und liebevoll präsentiert. Unzählige, überwiegend zweirädrige, Exponate, nur ein Bruchteil ist hier zu sehen, hat Stifter Karl-Heinz Rehkopf bis heute […]

Seit seiner Eröffnung im Juni 2014 war ich schon einige Male im PS-Speicher in Einbeck. Ich liebe diese Erlebnisausstellung zu Geschichte, Gegenwart und Zukunft der individuellen Fortbewegung auf Rädern. 5.000 Quadratmeter geballte Information, zeitgeschichtlich eingeordnet und liebevoll präsentiert. Unzählige, überwiegend zweirädrige, Exponate, nur ein Bruchteil ist hier zu sehen, hat Stifter Karl-Heinz Rehkopf bis heute gesammelt und der Kulturstiftung Kornhaus zur Verfügung gestellt. Er war es auch, der die Idee zu dieser wunderbaren Schau hatte und seinerzeit die Initiative zu ihrer Umsetzung ergriff. Bisher war ich als autoaffiner Zeitgenosse allerdings immer alleine dort. An einem regnerischen März-Sonntag besuchte ich nun erstmals mit der Familie diese, zumindest in der weiteren Region, einmalige Ausstellung. Meine Lebensgefährtin Annette, die sich nicht viel aus Motorrädern und Autos macht, freut sich trotzdem. Unser siebenjähriger Sohn Hannes ist vor Neugier völlig aufgeregt, als ich ihm vorab erzähle, was uns erwartet.

Über 400 Fahrzeuge

Reizvolles Ambiente: Der alte Kornspeicher mit modernen Anbauten. Foto: Christoph Mischke

Anlaufpunkt für Fragen alle Art: die Information im Erdgeschoss. Foto: Christoph Mischke

Nach 45 Minuten Autofahrt von Göttingen über die A7 und die Bundesstraße 3 stehen wir mittags vor dem historischen Kornspeicher mit seinen modernen Anbauten. Ein durchaus reizvolles Ambiente aus alt und neu. Hannes staunt über die gestapelten teilverglasten Überseecontainer, in denen sich Autos und Motorräder befinden. Der Einlass gestaltet sich entspannt. Frau Eulert überreicht uns die Eintrittskarten inklusive der Sonderausstellung und gibt uns den Tipp, unsere Jacken in den gegen Pfand zugänglichen Schließfächern zu verstauen, denn in der Ausstellung sei es sehr warm. Damit behält sie Recht. Bevor wir mit dem Aufzug in die sechste Etage fahren, wo die Zeitreise durch 200 Jahre mobile Historie mit über 400 ausgestellten Fahrzeugen beginnt, hat Hannes die riesige Kugelbahn im Eingangsbereich entdeckt. Hier und an der interaktiven Mal-Station mit Touchscreen verbringen wir die ersten 20 Minuten. Das Kind ist glücklich.

Paradies für Fotografen

Gilt als erstes Automobil: der Patent-Motorwagen Benz Victoria. Foto: Christoph Mischke

Langsam bewegt sich der Aufzug nach oben. Annette und Hannes haben es sich in den beiden Ledersesseln bequem gemacht und lauschen der Stimme aus dem Lautsprecher, die in die Ausstellung einführt. Dabei genießen sie die Aussicht durch die großzügige Verglasung. Sechster Stock: Gleich zu Beginn, wir schreiben das Jahr 1812, fällt auf, dass die wertvollen Ausstellungsstücke nicht, wie anderswo, durch Bänder oder Kordeln geschützt werden. Ein Paradies für Fotografen. Bis auf einige Infotafeln stört nichts. Gleichwohl werden die mobilen Schätzchen natürlich überwacht. Wer dem Lack zu nahe kommt, wird durch eine Autohupe und eine freundliche Frauenstimme ermahnt „die Exponate nicht zu berühren“. Hannes findet das extrem cool und testet es auch gleich aus. Noch bevor wir etwas sagen können, schaut ein junger Mann vom Personal um die Ecke und hat damit schon seine Aufgabe erfüllt. Sohnemann lächelt etwas verlegen und behält die Finger bei sich.

Im zeitgeschichtlichen Kontext

Erstes Serienmotorrad: Hildebrand & Wolfmüller von 1894. Foto: Christoph Mischke

Staunend, was so alles in den vergangenen Jahren im Bereich motorisierte Mobilität erfunden und gebaut wurde, laufen wir durch die Ausstellung. Wir lesen den zeitgeschichtlichen Kontext der gezeigten Zwei- und Vierräder auf übersichtlich gestalteten Tafeln. Wir sehen Filme aus grauer Vorzeit. In der Hauptrolle meist das zugehörige Exponat, wie beispielsweise das erste in Serie produzierte Motorrad von Hildebrand & Wolfmüller aus dem Jahr 1894. Auf nahezu jeder Etage ist eine Fotostation installiert. Die Besucher können sich auf oder vor Originalfahrzeugen fotografieren lassen, für Einzelbesucher funktioniert das sogar mit Selbstauslöser. Die Fotos können, anders als in den meisten Freizeitparks, für kleines Geld an der Information erworben oder, und das ist sogar kostenlos, am heimischen Rechner heruntergeladen werden. Sehr angenehm. Auch wir nutzen dieses Angebot und es funktioniert prächtig.

Verblüffende, multimediale Präsentationen

Multimedial präsentiert: das Deutschland-Motorrad von Stukenbrok. Foto: Christoph Mischke

Dreirädrig und führerscheinfrei: der Goliath Pionier. Foto: Christoph Mischke

Etage für Etage bewegen wir uns durch die Geschichte der Mobilität nach unten. Immer wieder treffen wir auf Menschen, die, genau wie wir, von den teils verblüffenden multimedialen Präsentationen fasziniert sind. So oft, wie ich heute den Ausruf „Wahnsinn“ vernommen habe, hatte ich es bisher nur im Zuge der Grenzöffnung 1989 gehört. Die jüngeren Besucher staunen vor allem, dass sich die für sie völlig fremden Gefährte überhaupt bewegt haben, die Älteren schwelgen in wehmütiger Nostalgie. Manch einer entdeckt sein erstes eigenes Fahrzeug unter den Exponaten und ist überglücklich.

Im „Kommisbrot“ durch Hannover

Spaß im Oldtimer: Hannes und Annette im originalen “Kommisbrot”. Foto: Christoph Mischke

Annette und Hannes steigen in den Fahrsimulator, der eine Tour durch das historische Hannover ermöglicht. Dabei sitzen sie in einem Original Hanomag „Kommisbrot“ aus den Zwanzigerjahren. Es dauert ein wenig, bis sie den Wagen „gestartet“ bekommen, aber dann geht es auch schon los. Hannes hat mächtig Spaß über die kopfsteingepflasterten Straße zu tuckern. Als er versehentlich ein anderes Auto übersieht und mit ihm zusammenstößt, scheint die Frontscheibe zu splittern. Darüber hinaus erscheint der Firmenchef höchstpersönlich auf dem Bildschirm, ermahnt den jungen Fahrer zur Vorsicht und fragt, ob er ihn ruinieren wolle. Ein Heidenspaß.

Beängstigender Weltkrieg

Erschreckend realistisch: Die Darstellung des Zweiten Weltkriegs. Foto: Christoph Mischke

Faszinierend ist für uns alle der Erhaltungs- oder auch Restaurierungszustand der Fahrzeuge. Manche scheinen direkt aus einem Ausstellungsraum der Vergangenheit in den PS-Speicher katapultiert worden zu sein. Lack und Chrom glänzen und auch von den ledernen oder textilen Flächen scheint das Neue noch nicht weg zu sein. Geschichtlich wird kaum etwas ausgespart. So wird die Historie des KdF-Wagens, dem Vorläufer des VW-Käfer, den die Nationalsozialisten für das Volk bauen wollten, aber schlussendlich militärisch nutzten, ebenso multimedial gezeigt, wie die Schrecken des Zweiten Weltkriegs. Letzteres ist für kleinere Kinder doch recht beängstigend, denn Panzerwagen, anfliegende Flugzeuge samt der Geräusche fallender und einschlagender Bomben sind sehr real dargestellt.

Lambretta in der Milchbar

Liebevoll gestaltet: eine Milchbar der Fünfzigerjahre. Foto: Christoph Mischke

Musik aus der Wurlitzer: Motorroller drehen sich im Kreis. Foto: Christoph Mischke

Da bietet die original nachgebaute Milchbar im Stil der Fünfzigerjahre als Symbol des aufkeimenden Wirtschaftswunders eine echte Erholung. Auf einem Karussell drehen sich die typischen Motorroller der Zeit wie Lambretta, Adler, Röhr und Faka, zu den schwarz-weißen Fernsehbildern von Deutschlands Fußball-WM-Sieg 1954 und den Klängen aus der Wurlitzer-Musikbox. Das ist an liebevoller und detailreicher Gestaltung nicht zu überbieten und wir möchten uns am liebsten sofort einen leckeren Milchshake bestellen. Apropos Bestellung: Unser Sohn steigt an dieser Stelle, nach immerhin zwei Stunden, aus dem Geschehen aus. Der Kopf ist voll und außerdem hat er Hunger – sofort. Mama geht mit ihm in die benachbarte Genuss-Werkstatt, um zu schauen, ob’s was Leckeres fürs Kind gibt.

Licht aus, Spot an: Disco mit Ilja

Originell: Motorrad-Präsentation in der Disco. Foto: Christoph Mischke

Eigenes Display im Zeittunnel: Aerodynamik-Forschung in Göttingen. Foto: Christoph Mischke

Auch ich merke, dass sich meine Speicherkapazität dem Ende nähert und lasse mich jetzt einfach ein wenig treiben, ohne viel zu lesen. Ich betrachte die zauberhaft gestaltete Straßenszene en miniature, bestaune Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Auto- und Motorradproduktion in den damaligen beiden deutschen Staaten, flaniere an Schaufenstern aus längst vergangenen Tagen entlang. Ich erlebe im prächtigen Diorama die Sehnsucht der Deutschen nach Freizeit, Sand und Meer und ich besuche die Disco, eine Motorradschau in Bildern mit „the one and only“ Ilja Richter. Auf dem gläsernen Steg im Zeittunnel erfahre ich vieles über die mobile Zukunft, über Design und alternative Antriebe. Im Bereich Aerodynamik wird die frühe Göttinger Forschung auf diesem Gebiet ausführlich thematisiert. Ludwig Prandtls erster Windkanal ebenso, wie die vergleichenden Versuche des heutigen Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und das Experimentalfahrzeug Schlörwagen, dass auch „Göttinger Ei“ genannt wurde.

Dreimal Daumen hoch

Zweieinhalb Tonnen automobiles Herzklopfen: der Horch 853. Foto: Christoph Mischke

Klein aber mein: Sonderausstellung mit seltenen Kleinstwagen. Foto: Christoph Mischke

Annette und Hannes sind nach ihrem Futter-Stop inzwischen wieder zu mir gestoßen. „Ich hatte einen großen Teller Pommes mit Ketchup, die waren lecker“, sagt Hannes strahlend. Trotz allgemeiner Kopf-Erschöpfung machen wir noch einen Rundgang durch die derzeitigen Sonderausstellungen „Herzklopfen auf Rädern“ und „Klein aber mein“ im Erdgeschoss. Dann reicht es. Unser Fazit fällt trotz unterschiedlicher Vorlieben eindeutig aus: Dreimal Daumen hoch. Mich haben die Exponate am meisten fasziniert, Annette lobt die Vielfalt der Präsentationen, die Milchbar, die Disco und Hannes fand die Kugelbahn und den Simulator am tollsten. Ach ja, und den Shop natürlich, wo er von seinem Taschengeld noch ein kleines, ferngesteuertes Auto erstanden hat. Wer mehr über den PS-Speicher, das PS-Depot Lkw und Bus, die Öffnungszeiten, Eintrittspreise und weitere Angebote und Events erfahren möchte, wird auf der Homepage fündig.

Über Kommentare zu unseren Blog-Beiträgen freuen wir uns jederzeit. Schickt uns dazu gerne eine Nachricht auf unserer Mein Göttingen Facebook-Seite.

Christoph Mischke

Ich bin in "Chöttingen cheboren", so wie es wohl Schorse Szültenbürger in seinen vergnügten Geschichten in Göttinger Mundart geschrieben hätte. Ich hatte immer das Glück in meiner Heimatstadt leben und arbeiten zu können und halte es mit dem Historiker August Ludwig von Schlözer, der sagte: "Extra Gottingam non est vita, si est vita non est ita." (Außerhalb Göttingens kann man nicht leben, wenn aber doch, dann nicht so gut).
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