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Handwerklich gebraut: Craft Beer

27. Februar 2020
Seit einigen Jahren erfreut sich das sogenannte Craft Beer in Deutschland zunehmender Beliebtheit. Ursprünglich in den Achtzigerjahren in den USA als Gegenbewegung zu industriell gebrautem Bier entstanden, gibt es heute auch in Deutschland wohl über 1.000 Klein- und Mikrobrauereien, die diese Linie fahren. Natürlich hat dieser Trend auch vor Göttingen nicht haltgemacht. Ich habe mich […]

Seit einigen Jahren erfreut sich das sogenannte Craft Beer in Deutschland zunehmender Beliebtheit. Ursprünglich in den Achtzigerjahren in den USA als Gegenbewegung zu industriell gebrautem Bier entstanden, gibt es heute auch in Deutschland wohl über 1.000 Klein- und Mikrobrauereien, die diese Linie fahren. Natürlich hat dieser Trend auch vor Göttingen nicht haltgemacht. Ich habe mich ein wenig in der Szene der handwerklich gebrauten Bierspezialitäten umgesehen und dabei eine Menge gelernt.

Das Auge trinkt mit

Rund 400 Craft-Biere im Angebot: Manuela Roewer und Elmar Deden. Foto: Christoph Mischke

Im „Bottles“ empfangen mich die Inhaber Martina Roewer und Elmar Deden vor einem Holzregal, in dem hunderte von Bierflaschen stehen. Sauber mit den phantasievollen Etiketten nach vorn ausgerichtet und nach Bierstilen wie IPA, Pils, Lager, Stout, Weizen, Trappiste und anderen sortiert. „Das Auge trinkt schließlich mit“, sagt Elmar lachend. Nicht nur das Auge, wie ich später noch feststellen werde. Seit März 2016 führen die beiden Bier-Sommeliers ihren Craft-Beer-Laden in der Langen Geismarstraße 55. Mit viel Engagement und Herzblut, das spüre ich sofort. „Wir müssen immer noch viel Aufklärungsarbeit leisten“, meinen beide unisono.

Von Süße keine Spur

Von schlicht bis verspielt: die phantasievolle Kreativität…

bei der Etikettengestaltung kennt keine Grenzen. Fotos: Christoph Mischke

Ich bekomme das am eigenen Leib und auf äußerst angenehme Weise zu spüren. Nach einigen Fragen meinerseits öffnet Elmar kurzerhand eine Flasche IPA (India Pale Ale) aus dem Regal, schenkt den Inhalt in eine Art Weinglas und reicht es mir. Ich halte meine Nase ins Glas und schnuppere Ananasduft. „Genau“, sagt Martina, „und Citrusfrüchte und ein wenig Mango.“ Nicht das, was ich mir zwingend in einem Bier vorstelle. Als ich probiere, bin ich allerdings vollends verblüfft. Die fruchtigen Aromen sind zwar noch da, werden aber von einer wunderbaren Herbe verdrängt. Von der erwarteten Süße keine Spur.

Passion und Leidenschaft

Unzählige Kombinationen möglich: Craft Beer jeden Geschmack. Foto: Christoph Mischke

Die Aromen werden nicht von Zusätzen erzeugt, erklärt mir Elmar, sondern stammen aus den rund 250 Hopfensorten, die es gibt. „Craft Beer bedeutet nicht brauen nach dem Reinheitsgebot, sondern noch viel mehr“, sagt er. „Nach Reinheitsgebot sind nämlich außer Hefe, Wasser, Malz und Hopfen noch 25 Zusatzstoffe wie etwa Schaumhemmer oder Gärungsbeschleuniger zugelassen, die kein Craft-Beer-Brauer jemals in seinem Getränk akzeptieren würde.“ Für die Farbe des Bieres ist das Malz verantwortlich. Unterschiedlich lang getrocknet oder auch geröstet, verleiht es den Craft-Bieren die charakteristische Färbung von hellgelb über rötliche Honigtöne bis hin zu fast Schwarz. In Verbindung mit den Hopfensorten sind so unzählige Kombinationen möglich. Zu den Brauern pflegen die Inhaber einen intensiven, persönlichen Kontakt, denn die Szene ist eng vernetzt und es zählen Passion und Leidenschaft. Rund 400 verschiedene Biere haben Martina und Elmar in ihrem wechselnden Angebot, darunter auch zahlreiche saisonale Spezialitäten, wie das beliebte hawaiianische Kokos-Bier. „Darauf warten die Leute schon“, sagt Martina.

Winkelbräu und Nautibar

Jules Verne lässt grüßen: Tiefsee-Abiente in der Nautibar. Foto: Christoph Mischke

Beliebter Treffpunkt: Klönen direkt am Braukessel. Foto: Christoph Mischke

Ich kann mich noch dunkel an eine kleine Hausbrauerei mit Kneipe erinnern, die 1987 in der Jüdenstraße / Ecke Ritterplan eröffnet hatte. „Winkelbräu“ hieß sie und war ihrer Zeit offensichtlich zu weit voraus, denn irgendwie ist das Konzept seinerzeit wohl nicht aufgegangen. Inzwischen erinnert nur noch der Schriftzug „Hopfen & Malz, Gott erhalt’s“ auf dem Giebel des Hauses an das Experiment. Nur zwei Minuten Fußweg vom ehemaligen „Winkelbräu“ entfernt, floriert seit 1999 die „Nautibar“ (ehemals „Nautilus“) in der Theaterstraße 8. Allein vom Design her sicher eine der aufregendsten Bars in Göttingen. Jules Vernes und seine Tiefsee lassen grüßen, und ich kann mich an den schmiedeeisernen Kunstwerken überhaupt nicht sattsehen. Selbst die Theke, die Zapfanlage, die Barbestuhlung und diverse Skulpturen sind kunstvoll aus Metall gearbeitet. Das Beste aber ist, hier wird selbst gebraut.

„Scholar“ für Uni-Stadt

Wechselnde Bierstile: Mehrmals im Monat wird gebraut. Foto: Privat

Inhaber Wladimir, den alle „Wladi“ nennen und der auch das „Villa Cuba“ in der Zindelstraße betreibt, eröffnete seine Scholar-Brauerei 2015 direkt im Gastraum. „Scholar“, der frühere Begriff für reisende Studenten, das passt für eine Uni-Stadt. Stolz zeigt mir der leidenschaftliche Gastronom und Bierliebhaber den kupfernen Braukessel. Heute wird allerdings nicht gebraut. Brauer Alex, ein kreativer junger Mann, der sein Handwerk in Franken gelernt hat, hat ein paar Tage frei. Die Idee, sein Bier selbst herzustellen, treibt Wladi bereits seit 2001 um. „Damals war ich in der Schweiz, und in Lausanne und Zürich gab es fast in jedem Lokal eine kleine Hausbrauerei.“

Ungefiltert und nicht pasteurisiert

Der Brauprozess im “Fernsehen”: Nautibar-TV. Foto: Christoph Mischke

Leidenschaftlicher Bierliebhaber und Gastronom: Wladimir Daroszewski

„Wir brauen mehrmals im Monat vier wechselnde Biersorten – je nach Jahreszeit“ berichtet mir Wladi, der sich selbst als begeisterten Tüftler und Bastler bezeichnet. Unter anderem das „Göttinger Ale APA“, das „Magister Pils“ oder das „Vienna Lager. „Alle unsere Biere“, darauf besteht Wladimir, „sind ungefiltert und werden nicht pasteurisiert. Wer zu Hause nicht darauf verzichten möchte, kann unsere Spezialitäten auch in 0,75-Liter-Flaschen erwerben.“ Demnächst wird es auch ein kräftiges „Imperial Baltic Porter“ geben, verspricht er. Darüber hinaus plant der passionierte Gastronom, die Faszination und den Spaß des Brauens auch an andere Hobby-Brauer und Freunde des Gerstensafts weiterzugeben. „Vielleicht im Stil von Brau-Seminaren“. Ich bin gespannt.

Kreativität und Neugier

Neugierig und kreativ: Carla van Gaalen braut seit 22 Jahren. Foto: Christoph Mischke

Carla van Gaalen und ihr Ehemann Marcel haben ihre Leidenschaft für die Bierherstellung schon vor vielen Jahren in ihrer Heimat, den Niederlanden, entdeckt. In kleinen Mengen, und nur für den privaten Gebrauch, braut das lebensfrohe Paar seit 22 Jahren. „Das haben wir immer und überall gemacht“ sagt Carla lachend, „egal wohin es uns auch verschlug.“ Auch in München oder in Neustadt an der Weinstraße. Ein kleines Rezeptbuch zeugt von ihrer überbordenden Kreativität und Neugier, der sie stets freien Lauf lassen. Freunden und Bekannten schmeckten die in jahrelangen Probierphasen entwickelten Bier-Spezialitäten so gut, dass sie nach größeren Mengen verlangten. In Göttingen haben sich diese Wünsche seit einigen Monaten erfüllt.

Extrem süffiges „Hans Guckindieluft“

Auch etwas fürs Auge: Wunderschön gezeichnete Etiketten. Foto: Christoph Mischke

Carla gründete ihre Firma „Göttinger Goose“ , also Göttinger Gans, und bringt unter dem Markennamen „Carlas Craft“ derzeit drei Bierstile auf den Markt der Region, die, wie in der Szene üblich, auch kreative Namen tragen. „Hans Guckindieluft“, ein extrem süffiges Pale Ale, „Korrekt“, ein angenehm herbes IPA mit Zitrusnote und, ganz neu, ein Stout namens „Charakter“. Ein kräftiges, dunkles Bier mit leichten Schoko- und Kaffeearomen. „Das genießt Du am besten mit den Füßen hoch vor dem Kamin“, rät Marcel lächelnd. Mir gefallen die gezeichneten Etiketten sehr. Die hat unsere holländische Freundin Anka Willems gestaltet“, freut sich Carla. Ihre eigene Braukapazitäten würden die aktuellen Mengen lange nicht hergeben. „Deshalb lassen wir unsere Biere in Schinkels Brauhaus in Witzenhausen brauen, Hessens erster Bio-Brauerei.

Keimzelle „Monster Bar“

Hier begann der Craft-Beer-Trend in Göttingen: die Monster Bar. Foto: Christoph Mischke

Bei „Barley & Hops“ treffe ich mich mit Jan Pfneiszl von Getränke Wille. Das Geschäft in der Ewaldstraße 79 ist der citynahe Bottle-Store für Premium-Spirituosen des Unternehmens. Neben zahlreichen Bier-Spezialitäten sind die hölzernen Regale üppig gefüllt mit unzähligen Gin-, Whiskey und Rum-Sorten. Nur Craft-Beer kann ich nicht entdecken. Jan zeigt mir ein kleines hölzernes Rack, auf dem nur einige wenige Biersorten zu finden sind. Ich bin verwundert. „Wir beerdigen hier gerade das Thema Craft-Beer“, sagt er entschlossen und kann mir das auch erklären. Gemeinsam mit Richard Rosendahl führt Jan seit Jahren auch die „Monster Bar“, das ehemalige „Café GroMo“, in der Goetheallee 13. „Hier, quasi in der Keimzelle, haben wir 2013 begonnen, Craft-Beer in Flaschen anzubieten, mit zunehmendem Erfolg.“

„Nur das, was uns schmeckt“

Gastronom und Experte für Craft Beer und Spirituosen: Jan Pfneiszl: Foto: Christoph Mischke

Jan erinnert sich an einen Craft-Beer-Aktionstag 2014, der um 10 Uhr morgens beginnen sollte. „Nur zehn Minuten später war die Hütte brechend voll“, sagt er grinsend“, und ich habe bis in den späten Abend hinein über die Biere, ihre Inhaltsstoffe und die Macher gesprochen – bis ich keine Stimme mehr hatte. Zu den besten Zeiten“, berichtet Jan, „hatte die ‚Monster-Bar‘ 25 stets wechselnde Craft-Beer-Sorten im Angebot. Nach 2016 flaute der Hype, wie Jan es nennt, aber erheblich ab. „Die Deutschen verstehen mit ihrem Bier halt keinen Spaß, und die Geschmacksvielfalt überfordert wohl auch viele.“ In der Goetheallee gibt es vom Fass nun ein India Ale aus dem Hause „Maisel & friends“, die sich mit ihren Craft-Beer-Sorten von der großen Brauerei abgekoppelt haben. Ab und zu wird es auch ausgewählte Biere aus der Flasche geben. „Aber nur das“, sagt Jan“, auf das wir Bock haben, und was uns selbst auch schmeckt.“

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Christoph Mischke

Ich bin in "Chöttingen cheboren", so wie es wohl Schorse Szültenbürger in seinen vergnügten Geschichten in Göttinger Mundart geschrieben hätte. Ich hatte immer das Glück in meiner Heimatstadt leben und arbeiten zu können und halte es mit dem Historiker August Ludwig von Schlözer, der sagte: "Extra Gottingam non est vita, si est vita non est ita." (Außerhalb Göttingens kann man nicht leben, wenn aber doch, dann nicht so gut).
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