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Deutsches Theater: Hinter den Kulissen von Jim Knopf

15. November 2018
  Theaterproduktionen für die ganze Familie haben vor allem in der Vorweihnachtszeit eine lange Tradition. So auch am Deutschen Theater (DT) in Göttingen. In dieser Spielzeit dürfen sich die Besucher auf eine weitere wunderbare Geschichte, die seit Generationen Jung und Alt begeistert, freuen: Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer. Phantasievoll, bildreich und mit großem technischem […]

 

Theaterproduktionen für die ganze Familie haben vor allem in der Vorweihnachtszeit eine lange Tradition. So auch am Deutschen Theater (DT) in Göttingen. In dieser Spielzeit dürfen sich die Besucher auf eine weitere wunderbare Geschichte, die seit Generationen Jung und Alt begeistert, freuen: Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer. Phantasievoll, bildreich und mit großem technischem Aufwand haben Regisseurin Katharina Ramser, Bühnenbildner Michael Böhler, Kostümbildnerin Stefani Klie, DT-Schauspieler und die Mitarbeiter hinter der Bühne Michael Endes Kinderbuch-Klassiker umgesetzt. Am 11. November feierte das Stück seine vielumjubelte Premiere im Großen Haus und ich kann nur sagen: Lasst euch von dieser zauberhaften und liebevoll inszenierten Geschichte in ihren Bann ziehen, ihr werdet begeistert sein. Auch ich bin mit Endes Buch aufgewachsen und wollte der DT-Produktion etwas hinter die Kulissen schauen. Darum habe ich mich mit Schauspieler Florian Eppinger, der den Lukas spielt, und Bühnenbildner Michael Böhler getroffen.

Lokführermütze auf: Florian Eppinger als Lukas in seiner Garderobe. Foto: Christoph Mischke

Detail: Der Ohrring gehört zu Lukas’ Maske dazu. Foto: Christoph Mischke

Viel Raum für Vorstellungskraft

Zu meiner großen Verwunderung erzählt mir Florian Eppinger, dass er erst sehr spät mit Jim Knopf in Berührung gekommen ist. Damit ist er in Deutschland sicher eine Ausnahme. Ich kenne niemanden, der die Geschichte von der Insel Lummerland und seinen etwas schrägen aber umso liebenswerteren Bewohnern nicht aus dem Eff-Eff kennt. Entweder aus dem Buch von Michael Ende, das ja bereits 1960 erschienen ist, aus den Fernsehfolgen der Augsburger Puppenkiste in den späten 1970er-Jahren oder auch nur über das darauf basierende Musikvideo „Eine Insel mit zwei Bergen“ von Dolls United aus dem Jahr 1995. „Ich bin nicht einmal durch die Augsburger Puppenkiste sozialisiert, denn wir bekamen erst 1978 unser erstes Fernsehgerät“, berichtet Eppinger. Umso mehr hält er den Plot für eine tolle Geschichte, in der viel Raum für Vorstellungskraft steckt. „Wir spielen ja im DT für alle zwischen drei und 103”, sagt mir der Schauspieler lächelnd. „Zahlreiche unserer Formate für junge Menschen werden im DT-Keller oder im DT-2 aufgeführt. Trotzdem ist ein Familienstück im Großen Haus noch mal eine ganz andere Nummer. Da kommen dann auch vielfach die Großeltern mit ihren Enkeln und das ist sehr schön.”

In die Ferne: Lukas und sein Freund Jim Knopf. Foto: Christoph Mischke

Akustisch mehr Zunder geben

Ich möchte gerne wissen, ob es für ihn einen Unterschied macht, ob er vor Erwachsenen spielt oder vor Kindern. „Im Grunde genommen ist es gleich”, sagt Eppinger, „zumindest das Denken ist gleich, aber das Feintuning ist doch ein etwas anderes. Ich muss insgesamt deutlicher spielen, da dürfen keine Zweifel bleiben. Es ist eine andere Form der Behauptung, ich muss fraglos begeistert, verängstigt oder forsch sein. Auch muss ich akustisch mehr Zunder geben. Gerade in einem offenen Bühnenbild wie bei unserem Jim Knopf dürfen wir nicht zu leise sein. Vor allem aber”, so Eppinger, „dürfen wir uns nicht mit textlichen Ziselierungen aufhalten. Es geht auch immer nur vorwärts. Bei Texthängern darf man vor Kindern niemals zurück, immer nur nach vorne. Wenn der Moment verpasst ist, dann ist das eben so.” Ich staune ob dieses Feinschliffs, über den ich bei einem Theaterbesuch noch nie nachgedacht habe.

Souvenirs: Herr Ärmel kauft seine Reiseandenken bei Frau Waas. Foto: Christoph Mischke

Angstfrei und mit kindlicher Neugier

Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer ist ein Stück über Freundschaft und Solidarität, aber auch über den Umgang mit Angst und Vorurteilen. Ohne dass es explizit im Stück genannt wird, geht es darum, eben diese nicht zu entwickeln und sich seine Arglosigkeit ohne Vorbehalte zu bewahren. „Wie Lukas beispielsweise”, sagt der Darsteller, dessen Rolle, wie auch alle anderen sehr offen angelegt ist. „Die Figuren schauen sich ihre Welt und die Dinge angstfrei und mit kindlicher Neugier an.” Meinen Einwand, ob das DT-Stück nicht mit der Realverfilmung von Dennis Gansel, die im März dieses Jahres in die Kinos kam, konkurrieren muss, kann Eppinger nicht teilen. „Ich kenne den Kinofilm nicht und werde ihn mir auch nicht ansehen, bevor das DT-Stück abgespielt ist. Ich bin aber grundsätzlich der Meinung, dass die Theater sich diesen Maulkorb nicht anlegen sollten, denn sonst könnte man ja bald kein Stück mehr auf die Bühne bringen.”

Wo ist der Kaiser: Jim Knopf und Lukas in der Hauptstadt von Mandala. Foto: Christoph Mischke

Emma ist Lukas‘ Obsession

Eppingers Lukas hat mit Hierarchien nicht viel am Hut, ist aber auch kein Revoluzzer. Er ist ein manchmal etwas muffeliger, knurriger Kerl, aber im Grunde ein herzensguter Freund und Kumpan. Wenn man ihm allerdings blöd kommt, dann scheppert es auch mal. „Lukas hat irgendwie ‘nen Knall, seine Lokomotive Emma ist seine Obsession, was vielleicht daran liegt, dass er keine andere Beziehung hat”, vermutet der Schauspieler. Meiner Ansicht nach könnte es fast so etwas wie eine Liebesbeziehung sein, aber überzeugt euch beim Theaterbesuch lieber selbst. Einen großen Wunsch hat Eppinger für eines der nächsten Familienstücke: „Ich würde gerne einmal ‚Die Abenteuer des starken Wanja‘ auf die Bühne bringen. Das ist ein Super-Roadmovie und Autor Otfried Preußler hat sich dort ausgiebig in der russischen Märchenwelt bedient.”

Furchtlos: Jim Knopf und Lukas legen sich mit der Palastwache an. Foto: Christoph Mischke

Kindgerecht: Spannung und Nervenkitzel

 Bühnenbildner Michael Böhler hat die Ausstattung des Stücks entworfen und die ist wirklich großartig und hat mich schwer begeistert. Gemeinsam mit Regisseurin Katharina Ramser und Kostümbildnerin Stefani Klie bildet er das Regieteam. „Wir sind alle drei nicht am Deutschen Theater angestellt”, sagt er lachend, „wir gehören zum fahrenden Volk. Unser Bühnenbild ist schon sehr opulent für das Haus, aber das ist auch nötig. Die Protagonisten unternehmen ja eine lange Reise und da braucht schon jede Station ein Bild”, ist Böhler überzeugt. Stimmt, sage ich und ohne allzu viel zu spoilern: Die Zuschauer können sich auf eindrucksvolle Effekte freuen, wenn Jim Knopf, hinreißend gespielt von Marchal Impinga Rugano aus Burundi, Lukas und Emma auf den Scheinriesen Herrn Tur Tur treffen, den Vulkan des Halbdrachen Nepomuk reparieren und in der Drachenstadt auf die böse Frau Malzahn treffen. Da sind Spannung und Nervenkitzel garantiert, aber, keine Angst, es ist alles auch für die kleinen Besucher gut zu verkraften. „Liebevoll gearbeitete Kostüme bis ins Detail”, schwärmt Böhler, „und wenn es Drachen gäbe, dann würden sie genauso aussehen wie unsere.”

Probenspaß: Bühnenbildner Michael Böhler auf seiner Emma. Foto: Christoph Mischke

DT-Werkstatt hat Vollgas gegeben

Völlig begeistert ist Böhler von der DT-Werkstatt: „Schlosser, Tischler, Maler, Plastiker und Beleuchter haben absolut Vollgas gegeben. Alle kennen das Buch, allen hat es von Herzen Spaß gemacht”, berichtet er. Das viele DT-Mitarbeiter Jim Knopf zu ihrem Lieblings-Kinderbuch erkoren haben, wusste ich auch bisher nicht. „Wir haben nichts erfunden, aber alles gefunden”, sagt der Künstler, der sich als Grundlage für das Bühnenbild aus der „hervorragenden Grafik des Original-Buches“ bedient hat. „Für unsere junge Zielgruppe war es dem Team wichtig mit Magie zu arbeiten, wir wollten das Theater zaubern lassen”. Ich kann nach dem Besuch der Vorstellung sagen, dass genau dieser Zauber sich in nahezu jeder Szene verbreitet und vor allem die Kinder im besten Sinne gefangen nimmt. Neben Jim Knopf und Lukas ist Lokomotive Emma sicher die dritte „Hauptdarstellerin“.

Begegnung: Jim Knopf trifft auf den Scheinriesen Herrn Tur Tur. Foto: Christoph Mischke

Lokomotive Emma wiegt 450 Kilogramm

„Emma war bei dieser Produktion das erste Modellteil, das ich gebaut habe, sie war in meinem Kopf so fertig, dass ich 0,0 Prozent Änderungen akzeptieren wollte”, blickt Böhler schmunzelnd zurück. Ich brenne darauf, zu erfahren, wie Emma auf der Bühne angetrieben wird. Böhlers Antworten erstaunen mich, ergeben aber durchaus einen Sinn. „Wir fanden das Prinzip, Emma auf der Bühne fahren zu lassen, nicht so toll und deshalb dreht sich bei uns die Welt quasi um Emma.” Böhler hatte im Vorfeld aus Hamburg sogar das Angebot für eine Lok mit Elektroantrieb erhalten. „Das war sehr nett”, sagt er, „aber das Aussehen und die Fortbewegung waren uns zu ‚disneylike’. Unsere DT-Emma benötigte mit ihrem stabilen Metallchassis und den Massivholz-Aufbauten eine Bauzeit von circa zwei Wochen”, schätzt Böhler. „Sie wiegt rund 450 Kilogramm und kann dampfen, leuchten, hupen und sogar ein Nebelhorn imitieren.” Manchmal bewegt die Lok sich aber doch, wie ich gesehen habe – mit Muskelkraft. Es sind durchaus charmante Momente, wenn Lukas in einigen Szenen Emma mit Körperkraft voranbringt. Und nein, es wirkt keinesfalls lächerlich, wie der Lokomotivführer und seine Maschine förmlich miteinander verschmelzen. Florian Eppinger hat, wie Bühnenbildner Böhler weiß, die Entstehung von Emma ständig begleitet und war häufig in der Werkstatt. „So ein großes Interesse eines Schauspielers an der Ausstattung ist nicht selbstverständlich.”

Emma ohne Kohlen: Lukas und Jim Knopf im Land der Vulkane. Foto: Christoph Mischke

Ausgefeilte Logistik und präzise Einsätze

Ein Theaterstück mit derart opulenter Ausstattung erfordert eine perfekte Disposition, eine ausgefeilte Logistik und präzise Einsätze. „Raummäßig geht bei dieser Produktion aufgrund des benötigten Materials nicht mehr viel”, berichtet Böhler, „die Seitenbühnen und auch der Schnürboden oberhalb der Bühne sind voll mit Kulissenteilen. Bei einer Stücklänge von einer Stunde und 15 Minuten müssen die Bühnenarbeiter nicht nur einen schnellen Umbau gewährleisten, sondern auch ausgesprochen leise hinter dem Folienvorhang arbeiten, während auf der Vorbühne weiter gespielt wird.” Katzenfüßiger Umbau, so nennt Böhler das, denn: „die Maschine muss geschmeidig laufen.”

Ende gut, alles gut: Herr Ärmel macht ein Selfie. Foto: Christoph Mischke

Eine weitere Herausforderung für das gesamte Team: Es spielt den Jim Knopf am Wochenende einmal, in der Woche sogar zweimal am Tag, um 9 Uhr und um 11 Uhr. „Die Premiere am 11. November war ein voller Erfolg”, freut sich Inge Mathes, Kommunikationsleiterin am Deutschen Theater. „Derzeit haben wir fast 40 Vorstellungen von Jim Knopf geplant, aber wenn die Nachfrage es erfordert, werden wir auch länger spielen.” Den Spielplan und weitere Informationen zum Stück sowie zu den Figuren und Darstellern findet ihr unter: https://www.dt-goettingen.de/

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Christoph Mischke

Ich bin in "Chöttingen cheboren", so wie es wohl Schorse Szültenbürger in seinen vergnügten Geschichten in Göttinger Mundart geschrieben hätte. Ich hatte immer das Glück in meiner Heimatstadt leben und arbeiten zu können und halte es mit dem Historiker August Ludwig von Schlözer, der sagte: "Extra Gottingam non est vita, si est vita non est ita." (Außerhalb Göttingens kann man nicht leben, wenn aber doch, dann nicht so gut).
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