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Kraftort: das Deutsche Theater Göttingen

22. April 2021
Seit über einem Jahr hat uns die Corona-Pandemie fest im Griff. Viele Wirtschaftszweige liegen brach, auch die Kulturbranche. Trotzdem, oder besser gesagt: gerade deshalb, sind auch in Göttingen zahlreiche kreative Aktionen, Formate und Ideen umgesetzt worden, die es ohne diese Seuche wohl niemals gegeben hätte. Nur ein Beispiel von vielen, die aus der Not eine Tugend gemacht haben, ist das Deutsche Theater Göttingen. Wir haben mit seinem Intendanten Erich Sidler gesprochen – über Kraft, Herausforderung und Hoffnung.

Seit über einem Jahr hat uns die Corona-Pandemie fest im Griff. Viele Wirtschaftszweige liegen brach, auch die Kulturbranche. Trotzdem, oder besser gesagt: gerade deshalb, sind auch in Göttingen zahlreiche kreative Aktionen, Formate und Ideen umgesetzt worden, die es ohne diese Seuche wohl niemals gegeben hätte. Nur ein Beispiel von vielen, die aus der Not eine Tugend gemacht haben, ist das Deutsche Theater Göttingen. Wir haben mit seinem Intendanten Erich Sidler gesprochen – über Kraft, Herausforderung und Hoffnung.

„Theater findet statt, immer“

Intendant Erich Sidler: „Gerade jetzt muss Theater zeigen, was es kann.“

Drive-in-Theater in der hauseigenen Tiefgarage, ein poetischer Protest mit Nebel, Licht und Hunderten von Fragen, murmelnde Stimmen aus dem Mauerwerk, eine Tankstelle für Liebe, Musik und Heiterkeit. Diese Inszenierungen und viele weitere Aktionen hat das DT in den vergangenen Monaten erdacht und umgesetzt. Allen gemeinsam ist ein Ziel: die Begegnung. „Theater findet statt, immer“, sagt Erich Sidler, „die Frage ist nur, welche Wege findet es zu den Menschen. Ein Rückzug wäre für ihn fatal. „Gerade in der Krise muss Theater zeigen, was es kann, Assoziationen knüpfen, Fragen und Gedanken aufwerfen, Situationen reflektieren – gerade jetzt.“

Krise als Herausforderung

Die Lichter im Haus sind immer noch aus: das DT im Februar 2021.

Als künstlerischer Leiter sieht er die andauernde Krise als Herausforderung. „Die Aufgabe des Theaters ist es Räume zu eröffnen, zu reflektieren, zu streiten, zu diskutieren, zu verstören.“ Die Schaffung neuer Spielräume ist dabei durchaus wörtlich zu nehmen, obwohl die Idee rauszugehen, gar nicht so neu ist, wie er betont. „Schon 2017 sind wir mit ‚1984‘ in unsere Tiefgarage gezogen“. Es gab also schon Erfahrungen mit dem unterirdischen Parkraum, als im Juni 2020 mit „Die Methode“ das erste Corona-Draußen-Stück des DT gespielt wurde. „Der große Erfolg hat uns bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, blickt der Theatermann zurück.

Poetischer Protest mit Fragen, Licht und Nebel

Tiefgarage: „Die Methode“ wird vor Besucher*innen in ihren Autos gespielt. Foto: Thomas M. Jauk

Keine Erklärungen: Fragende Augen schauen über den Theaterplatz.

Das Theaterfestival „DT – Am Puls“ konnte im Juli pandemiebedingt nicht im Haus veranstaltet werden. Absagen? Nein, keine Option. Stattdessen luden sieben verschiedene Spielclubs des DT und die Theaterpädagogik auf einen Videowalk ein. Sich auf Themen, Theaterformen und -figuren einzulassen funktioniert schließlich auch unter freiem Himmel. Mit Handy, Kopfhörer und QR-Codes reisten Besucher*innen aller Altersgruppen von Station zu Station und erlebten einzigartige Einblicke.

„Nicht nur die Pandemie wirft Fragen auf, auch wir“, sagt der DT-Chef über eine Aktion, die Ende 2020 mehrere Wochen lang gezeigt wurde. Als Symbol für das geschlossene Theater war die vordere Fassade mit übermannshohen Holzwänden verbarrikadiert und aus Lautsprechern, die auf dem Dach installiert waren, hallten jeden Spätnachmittag Hunderte von Fragen über den Theaterplatz. Nebel quoll aus dem gleißend hell erleuchteten Glasanbau und drei riesige Augen irrlichterten aus den Rundfenstern mit einer Lichtinstallation um die Wette. Keine Erklärungen, nur Fragen, die sich die Besucher selbst beantworten sollten. Ein poetischer Protest gegen herrschende Verhältnisse, nicht gegen politisch veranlasste Maßnahmen. „Es gibt eben nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein soziales Problem“, konstatiert der Intendant, „denn derzeit fehlen jeglicher Resonanzraum, Input und Stimuli.“

Gemurmel am Theaterplatz

Gemurmel aus dem Nichts: die Inszenierung „Mechanische Tiere“.

Der Holzzaun wurde, inzwischen mattschwarz gestrichen, im Anschluss für die Produktion „Mechanische Tiere“ weitergenutzt. Schwarz steht in der Theatersprache für das Nichts. An diesem Nichts sind große beleuchtete Schminkspiegel angebracht. Beim Blick hinein vernehmen die Betrachter*innen zuerst ein Gemurmel. Wer dicht genug davor steht und es schafft die Verkehrsgeräusche rund um den Theaterplatz auszublenden, kann die Sätze, die sein Spiegelbild erzählt, gut verstehen. „Lern du mich erstmal kennen. Du kennst mich gar nicht. Du bist das Schönste, verdammt noch mal, das ich je gesehen habe“. Sehr schmeichelhaft, fährt es einem in den Sinn. Doch es geht auch anders, denn hier haben nicht nur die Persönlichkeitsoptimierer das Sagen, auch Selbstzweifler und Beziehungsproblematiker kommen zu Wort. Jeder Gast kann und muss sich selbst fragen, ob und welcher Schuh ihm oder ihr passt.

Aufwendigster Coup: die Tankstelle

Aufwendig in Handwerk und Gestaltung: die Beschriftung der Tankstelle wechselt je nach Ansicht.

Macht Appetit auf mehr: Paul Wenning philosphiert an Schalter 3.

Den neusten und technisch bislang aufwendigsten Coup hat das DT Ende März gelandet. Da feierte die „Tankstelle“ ihre Premiere. Statt Sprit, Chips, Kippen und Dosenbier gibt es am Wallaufgang hinter dem Gebäude noch bis Anfang Mai Liebe, Musik, Heiterkeit und mehr. „Das war ein echter Kraftakt für unsere Werkstatt und den Malersaal“, berichtet Erich Sidler und der Stolz auf seine Leute ist ihm anzumerken. „Mit großer handwerklicher und gestalterischer Expertise haben unsere Mitarbeiter*innen diesen changierenden Obelisken geschaffen, aus Containern, die eigentlich hätten verschrottet werden sollen.“ An fünf Schalterfenstern könnt ihr euch drei Minuten lang exklusiv mit einem Ensemblemitglied eins zu eins austauschen. Wann hat es so etwas schon einmal gegeben? Mein Tipp: unbedingt auftanken. Ihr werdet eure Freude haben.

„Wir sind Teil der Lösung“

Für die Stadt: Tausende von Masken haben die Theaterleute geschneidert. Foto: Inge Mathes

Testzentrum: Schauspielerin Gaia Vogel lässt einen Nasenabstrich machen. Foto: Inge Mathes

„Wir müssen und wollen im städtischen Gefüge ein Kraftort für die Menschen sein“, beschreibt der Intendant die Aufgabe des DT. Wochenlang haben Mitarbeiter*innen und Ensemblemitglieder im vergangenen Jahr Tausende von Behelfsmasken geschneidert und dem Krisenstab der Stadt Göttingen zur Verfügung gestellt. Ende März ist im Glasanbau des DT ein Corona-Testzentrum eröffnet worden. „Wir sind Teil der Lösung in der Krise“, stellt der Intendant klar.

Theaterproben gehen weiter

Leere: Alle warten darauf, dass der Saal bald wieder mit Besucher*innen gefüllt ist.

Das historische Haus mit seinem vielfältigen Innenleben findet er großartig, den Standort perfekt. „Alle Abteilungen im Haus arbeiten hochprofessionell“, lobt er. Zu Recht gingen die Göttinger*innen sehr selbstbewusst mit ihrem Theater um. Er nennt es einen Edelstein, ein Geschenk und gibt ein Versprechen ab: „Solange dieses Haus dort steht und solange die Menschen dort sind, wird es glühen.“ Während all der wunderbaren Inszenierungen und Aktionen draußen, wird im Haus nämlich weiter geprobt, mit täglichen Tests und Hygienekonzept. Innerhalb nur einer Woche können die Theaterleute den normalen Betrieb wieder hochfahren, denn, so der Theaterchef: „Wir warten alle sehnsüchtig auf diesen einen Moment.“

Foto- & Videocredits

Falls keine weiteren Hinweise angegeben sind, gilt folgender Fotohinweis:       Göttingen Tourismus und Marketing / Mischke.

Christoph Mischke

Ich bin in "Chöttingen cheboren", so wie es wohl Schorse Szültenbürger in seinen vergnügten Geschichten in Göttinger Mundart geschrieben hätte. Ich hatte immer das Glück in meiner Heimatstadt leben und arbeiten zu können und halte es mit dem Historiker August Ludwig von Schlözer, der sagte: "Extra Gottingam non est vita, si est vita non est ita." (Außerhalb Göttingens kann man nicht leben, wenn aber doch, dann nicht so gut).
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