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Tanzen statt Worte: Judith Kara/Art la Danse

9. Juli 2020
Anfang Februar hat Göttingen Tourismus der Öffentlichkeit fünf neue Image-Filme vorgestellt, die unter Mitwirkung von Göttinger Kulturschaffenden entstanden sind. Eine von ihnen ist Judith Kara, die vor gut 15 Jahren ihre Göttinger Ballettschule Art la Danse im historischen Ballsaal in der Jüdenstraße 12 eröffnet hat. Seit 2007 hat sie ihr Domizil in der ehemaligen Fechthalle […]

Anfang Februar hat Göttingen Tourismus der Öffentlichkeit fünf neue Image-Filme vorgestellt, die unter Mitwirkung von Göttinger Kulturschaffenden entstanden sind. Eine von ihnen ist Judith Kara, die vor gut 15 Jahren ihre Göttinger Ballettschule Art la Danse im historischen Ballsaal in der Jüdenstraße 12 eröffnet hat. Seit 2007 hat sie ihr Domizil in der ehemaligen Fechthalle der Universität in der Geiststraße gefunden. Was rückblickend so einfach aussieht, war ein Kraftakt aus Visionen, Zufällen und Durchsetzungsvermögen. Ich habe Judith in ihren wunderschönen Räumlichkeiten kurz vor einem Trainingsabend besucht.

Rotarier übernehmen Patenschaften

Ballett in der Geiststraße: die ehemalige Fechthalle der Uni. Foto: Christoph Mischke

4-5 Mal pro Woche: das Ensemble trainiert. Foto: Christoph Mischke

13 junge Frauen schnappen frische Luft im Schatten neben der Fechthalle, bevor sie den ersten Teil ihres heutigen Trainings beginnen, der von Tanzlehrerin Pamela Zacharias geleitet wird. Judith wird im Anschluss übernehmen. Die Erleichterung, die Ballettschule nach fast dreimonatiger Corona-Pause am 25. Mai wieder öffnen zu können, merke ich ihr immer noch an. „Diese Phase hat mir gezeigt, dass die Menschen mich wohl wirklich mögen“, sagt sie. Dabei geht es Judith vor allem um ihre Ballettschülerinnen. „Einige Eltern konnten den Unterricht in dieser für viele finanziell schwierigen Situation einfach nicht mehr bezahlen, weil sie plötzlich in Kurzarbeit steckten oder gar ihren Arbeitsplatz verloren haben.“ Da sprang ihr Rotarier-Netzwerk ein, denn Judith ist Mitglied im Rotary Club „Göttingen Sternwarte“. Das soziale Engagement, das sich die Vereinigung auf die Fahne geschrieben hat, wurde in dieser Not-Situation auch den eigenen Mitgliedern zuteil. „Die Freunde haben Patenschaften übernommen, damit junge Menschen wieder tanzen können.“

Tanz-Pädagogin statt Studium

Zehnjähriges: Pressetermin mit Judith Kara im Juli 2014. Foto: Christoph Mischke

Judiths Liebe zum Tanz war ihr nicht in die Wiege gelegt, sie war einfach da. Schon von Kindheit an hat sie eine musische Ader gehabt hat. „Meine Eltern sind keine Künstler, und ich musste meine künstlerische Seite nicht nur erst für mich entdecken, sondern mich auch trauen, sie weiter zu verfolgen. Na, denke ich, das ist dir doch so was von gelungen und muss unweigerlich grinsen. Judith ist in Saarbrücken geboren und in Bremen aufgewachsen. Auf ihre Schulzeit dort angesprochen, meint sie nur lächelnd: „Schreib‘ einfach, Schule habe ich nicht so gemocht.“ Ok, verstehe. 1993 beginnt sie ihr Studium in Pädagogik sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Uni Göttingen. Das war aber augenscheinlich auch nicht unbedingt ihr Ding. „Ich habe das Studium 1997 geschmissen und eine Ausbildung zur Tanz-Pädagogin gemacht, an der renommierten Lola Rogge Schule in Hamburg. Mit einem Examen als „staatlich geprüfte Lehrerin für Tanz und Tänzerische Gymnastik“ in der Tasche kommt sie 2001 zurück nach Göttingen.

Zufall erfüllt Traum

Mit Abstand: die Fechthalle bietet großzügig Raum. Foto: Christoph Mischke

Bis 2004 leitet sie die Ballettschule „Scala 11/Ronald Blum“. Im Januar übernimmt sie den Schülerstamm und unterrichtet im historischen Ballsaal in der Jüdenstraße 12. Ballettfrühförderung, Kinderballett und Erwachsenentraining, Spitzentanz, Einzeltraining und Begabtenförderung. Art la Danse – Die Göttinger Ballettschule ist geboren. „Ich selbst wollte nie auf der Bühne stehen“, sagt sie, „ich wollte immer nur unterrichten und choreografieren.“ Dann kam der Moment, wo Judith die ehemalige Universitäts-Fechthalle in der Geiststraße entdeckte, die zu dieser Zeit leer stand. „Es war ein absoluter Zufall, dass ich diese Halle gesehen habe“, berichtet sie. „Ich ging vorbei, die Tür stand offen und ich schaute neugierig hinein. Ein Traum, da war sofort ein Feuer entfacht, das bis heute lodert. Ich wollte mit meiner Ballettschule dort hinein, unbedingt. Ich hatte keinerlei Zweifel, im Gegenteil, ich wusste von der ersten Minute an, wie alles werden wird.“ Das ist schnell und einfach gesagt, wenn nahezu eine komplette Sanierung eines historischen Hauses von 1903 gefragt ist.

Mut und positive Energie

Mut und positive Energie: Judith Kara leitet das Training. Foto: Christoph Mischke

„Ich bin eine Löwin“, sagt Judith lachend über ihr Sternzeichen, „du weißt, was das bedeutet?“ Ich denke an meinen achtjährigen Sohn, der im selben Sternzeichen geboren ist, und genau weiß, was er will und auch alles daran setzt, es zu erreichen. „Mit verdammt viel Mut, positiver Energie, persönlichem Einsatz, zwei Krediten und absolutem Vertrauen meiner Bank“, berichtet Judith, „haben wir das Innere der Halle binnen sechs Monaten auf Vordermann gebracht. Und ich habe keinen Moment lang daran gezweifelt, dass es gelingt.“

Kraft, Takt- und Körpergefühl

Anmut, Kraft und Körpergefühl: Nacht der Kultur 2016 auf der KAZ-Bühne. Foto: Christoph Mischke

Spitzentanz am Waageplatz: Nacht der Kultur 2019. Foto: Christoph Mischke

Trainiert und tanzt im Ensemble: Leoni Christin Lorey. Foto: Christoph Mischke

Ich habe in den vergangenen Jahren einige Veranstaltungen mit Judiths Tänzerinnen erlebt, auf kleineren Bühnen, aber auch im ganz großen Stil. Irgendwie sieht das immer alles so federleicht aus, dabei gehört mit Sicherheit sehr viel Kraft, Takt- und Körpergefühl dazu. Aber was macht denn das Faszinosum Tanzen überhaupt aus? „In dem Moment, wo Worte fehlen, setzt der Tanz ein“, sagt Judith. „Die Kombination aus Musik und Raum schafft eine Stimmung, in der man sich einfach wohlfühlt. Es ist wie in einem Kokon, megaanstrengend und erholsam zugleich.“ Hm, für einen Laien ist das nicht ganz einfach nachzuvollziehen, aber ich glaube der Tanzpädagogin aufs Wort.

Ideen unter der Dusche

“Die Wolken”, ein Stück aus dem Kinderballett “Königsgeschichten” von 2018. Foto: Judith Kara

Natürlich möchte ich auch wissen, wie Judith die Ideen für die Choreografien entwickelt. Ich stelle mir das ziemlich schwierig vor, im Zusammenspiel mit der Musik eine Geschichte nicht nur zu erzählen, sondern sie sich überhaupt auszudenken. Zu Beginn sind da ja nur die Musik, das Thema und die Menschen. „Die erste Idee kann ich überall haben“, berichtet sie, „wenn ich nachts aufwache, wenn ich unter der Dusche stehe, quasi überall.“ Meist ist diese Grundidee schon gut, aber dann beginnt der eigentliche Feinschliff, und der kann schon einige Wochen oder Monate in Anspruch nehmen, wie die Expertin verrät. „Ich zähle die Musik, ich lese die Partituren und muss natürlich auch den Ort des Geschehens mit einbauen. Dabei denke ich daran, auch Raum für Assoziationen und Interpretation zu lassen, denn jeder Zuschauer genießt auf seine Weise. Ich liebe das.“

„Sacre“ ist das Highlight

Highlight: Szene aus dem “Sacre du Printemps” in der Lokhalle. Foto: Michael Wulschner

Ich weiß, so eine Frage ist immer ein wenig unfair, aber: Gab es in all den Jahren denn einen Lieblingsauftritt? „Der Sacre“, antwortet Judith im Bruchteil einer Sekunde. Sie spricht von „Sacre du Printemps“, dem großen Festival für modernen Tanz und klassische Musik. Gemeinsam mit dem Göttinger Symphonie Orchester unter der Leitung seines damaligen Generalmusikdirektors Christoph-Mathias Mueller, begeisterte die Veranstaltung am ersten September-Wochenende 2013 über 3000 Besucher in der Lokhalle. „22 Tänzerinnen von mir, acht Profis und 80 tanzende Schülerinnen und Schüler aus sechs Schulklassen hatte ich unter meiner Leitung“, schwärmt Judith und ihre Augen glänzen.

Tanzkulturwochen

Tanzkulturwochen: die Private Hochschule als Bühne. Foto: Christoph Mischke

Sozialkritik: “Das Mädchen mit den Schwefelhölzern” in der PFH. Foto: Christoph Mischke

Auch die Tanzkulturwochen, die Judith einmal im Jahr veranstaltet, sind uns beiden noch in guter Erinnerung, ihr als Veranstalterin und Choreografin und mir als Fotograf. Vor allem die Performance „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“, in den Räumen der PFH Privaten Hochschule Göttingen  war 2016 ein intensives Erlebnis. Oder „Miedo“, ein Stück über die Angst, mit dem „Art la Danse“ im vergangenen Jahr ihr 15-jähriges Bestehen feierte. Oder Tschaikowskys „Schwanensee“ mit dem GSO und 40 Tänzerinnen und Tänzern in der Lokhalle. Ende Februar, nur drei Wochen vor dem Corona-Lockdown. Uns beiden scheint es Ewigkeiten her zu sein.

Kultureinrichtungen kooperieren

Großer Erfolg: Art la Danse und das GSO mit “Schwanensee”. Foto: Christoph Mischke

Geburtstags-Inszenierung: “Miedo” im Deutschen Theater. Foto: Jan Vetter

“Underworld”: Art la Danse bei der Kunst-Gala 2019 im DT. Foto: Hans-Georg Pagendarm

Über unserer Schwärmerei versäumen wir beinahe auf die Uhr zu schauen, Zeit für ein Schlusswort. „Es ist ein großes Glück, dass in Göttingen die Kooperationen der Kultureinrichtungen untereinander ganz wunderbar funktionieren“, freut sich Judith, vor allem mit den Mitgliedern von KUNST (“Kultur UNterstützt STadt e.V.”). Sie sagt auch: „Ich wünsche mir, dass dem Tanz in Göttingen größerer Raum geboten wird”, aber nun muss sie aber fix hinunter in die Halle und Pamela beim Training ihrer Ensemble-Mitglieder ablösen. Ich begleite sie und schaue noch ein paar Minuten zu.

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Christoph Mischke

Ich bin in "Chöttingen cheboren", so wie es wohl Schorse Szültenbürger in seinen vergnügten Geschichten in Göttinger Mundart geschrieben hätte. Ich hatte immer das Glück in meiner Heimatstadt leben und arbeiten zu können und halte es mit dem Historiker August Ludwig von Schlözer, der sagte: "Extra Gottingam non est vita, si est vita non est ita." (Außerhalb Göttingens kann man nicht leben, wenn aber doch, dann nicht so gut).
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