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Für ein paar Münzen: Straßenmusik in Göttingen

24. September 2020
„Musik wird oft nicht schön gefunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden“, wird Wilhelm Busch gerne zitiert. Nun ja, die einen sagen so, die anderen so. Das gilt natürlich auch für die Straßenmusik  in Göttingen. Ich persönlich höre sie gerne und empfinde sie bei meinen Gängen durch die Stadt als Bereicherung. Zumindest immer dann, wenn […]

„Musik wird oft nicht schön gefunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden“, wird Wilhelm Busch gerne zitiert. Nun ja, die einen sagen so, die anderen so. Das gilt natürlich auch für die Straßenmusik  in Göttingen. Ich persönlich höre sie gerne und empfinde sie bei meinen Gängen durch die Stadt als Bereicherung. Zumindest immer dann, wenn die Musikant*innen ihre Instrumente beherrschen und das ist in den allermeisten Fällen so. Das sehen auch viele Göttinger*innen  und Besucher*innen so. Mal sind es die bekannten Göttinger Gesichter, die für ein paar Münzen in der Fußgängerzone spielen, mal reisende Musiker*innen, denen man nur ab und an begegnet, manchmal auch junge Menschen, die ihr Taschengeld ein wenig aufbessern möchten. Auch Bands, die, zu Vor-Corona-Zeiten, abends einen Auftritt im Nörgelbuff oder im Exil hatten, spielten schon den einen oder anderen Warm-Up-Gig auf der Straße.

Akkordeon, Didgeridoo und viel Rhythmus

Der Akkordeon-Mann, der häufig am Nabel sitzt und dem vorbeilaufenden Hochzeitspaar aus dem Stegreif ein Ständchen bringt, grüßt mich bei jeder Begegnung. Wohl, weil ich ihn schon einige Male fotografiert habe. Den Didgeridoo-Spieler, der häufig in der Weender Straße spielt, finde ich witzig, weil er dem Publikum gerne zeigt, dass es auch ohne das hölzerne Instrument der Ureinwohner*innen Australiens geht. Er spielt dann einfach auf einem hellgrauen Kunststoffrohr aus dem Baumarkt. Ein paar Mal im Jahr ist auch eine singende Großfamilie zu Gast, die mehr Rhythmus im kleinen Zeh hat, als mancher im gesamten Körper. Ich habe mir in den vergangenen Tagen einmal die Zeit genommen, zugehört und mit einigen Musiker*innen geplaudert.

Petru spielt auf Veranstaltungen

Zivilcouragepreis 2017: Petru spielt mit seiner Band im Alten Rathaus. Foto: Christoph Mischke

So habe ich beispielsweise erfahren, dass der Akkordeon-Mann mit Vornamen Petru heißt. Er kommt aus Rumänien und lebt seit 30 Jahren in Göttingen. „Ich mag Göttingen“, erzählt er mir, „hier gibt es so viel Kultur zu erleben.“ Seit vielen Jahren erfreut er die Menschen in der Fußgängerzone mit seinen leidenschaftlich gespielten Liedern. Gefühlt jede dritte Person grüßt ihn und die meisten werfen ein paar Münzen in seinen Akkordeonkoffer. „Als ich einmal im Klinikum zur Behandlung war“, berichtet Petru, „haben mich sogar die Krankenschwestern und die Ärzte erkannt.“ Plötzlich springt er auf, um einige blöd abgestellte Fahrräder zur Seite zu stellen, damit der Fahrer des Blumen-Lkw nicht groß rangieren muss. Hut ab, vor so viel Aufmerksamkeit. Petru lebt allerdings nicht nur von der Straßenmusik. Mit seiner Combo „Acustic Bucovina“ spielt er auf Hochzeiten, Geburtstagen oder Taufen. „Auch die Stadt Göttingen hat uns schon für einige Veranstaltungen im Alten Rathaus gebucht.“

Wunschkonzert am mobilen Flügel

Sympathieträger: Christian Pommnitz spielt auf einem portablen Flügel. Foto: Christoph Mischke

Regelmäßig besucht uns Christian Pommnitz mit seinem mobilen Flügel. Der Klavierspieler hat sich mit seiner sympathischen Art hier eine recht üppige Fangemeinde erspielt. Mediale Aufmerksamkeit erhielt der aus Sangerhausen stammende Pianist, als er während eines Staus auf der A71 kurzerhand seinen Flügel aus dem Auto rollte und die stundenlang wartenden Autofahrer mit seinen Melodien erfreute. Häufig ist er donnerstags zwischen 11 und 19 Uhr in der Fußgängerzone an unterschiedlichen Orten zu erleben. Dann verzaubert Christian die Menschen  an seinem Flügel mit den ganz großen Melodien. „Ich spiele ein Potpourri aus den vergangenen 50 Jahren – von Schlagern bis zu den Rolling Stones“, sagt er mir lächelnd. Während ich ihm zuhöre bleiben ständig Menschen stehen, machen Fotos und auch ein paar Selfies mit dem eloquenten Tastenkünstler. Und das Tollste ist: Sie dürfen sich sogar etwas aus seinem Repertoire wünschen.

Anatoli war Orchestermusiker

Anatoli ist noch nicht allzu oft in der Stadt gewesen. Wenn er allerdings da ist, können die Menschen, die durch die Stadt bummeln, seine kräftige, warme Stimme schon von weither vernehmen. Mit großer Hingabe gibt er zum Knopf-Akkordeon russische Volkslieder und italienische Klassiker aus Oper und Operette zum Besten. Anatoli stammt aus Belarus und lebt derzeit in Hildesheim. „Wenn ich für ein oder zwei Tage in Göttingen spiele und singe“, berichtet er, „dann schlafe ich im Auto.” Neben der „Quetsche“ spielt Anatoli auch noch Klarinette. „Ich hätte Programm für über sieben Stunden“, sagt er und lacht schallend. Er war nämlich jahrelang Orchestermusiker bei der weißrussischen Armee. Als ich seine Singstimme lobe, schüttelt er nur bescheiden mit dem Kopf und sagt: „Du hättest mal meinen Vater hören sollen“. Dann nimmt er einen großen Schluck heißen Tee aus seiner Thermoskanne. „Für die Stimme“, lächelt er.

Soul bringt Menschen zum Tanzen

An einem heißen Augusttag hatten wir sogar Besuch einer ganzen Band. Im Schatten neben dem Gänseliesel haben „JustFour“ aus Braunschweig ihr Equipment aufgebaut. Der Name erschließt sich mir nicht, weil die großartige Kapelle mit einer Sängerin, zwei Gitarristen, Kontrabass und Schlagwerk zu fünft am Start ist. „Wir kommen immer mal wieder nach Göttingen“, sagt Schlagzeuger Andreas Döring. In kürzester Zeit haben die Braunschweiger*innen eine ordentliche Menschentraube um sich versammelt. Die Akustik-Session der Band hat es in sich. Sie spielen Rock- und Pop-Klassiker der vergangenen Jahrzehnte, alle mit einer gehörigen Portion Soul versehen. Ganz sicher auch ein Verdienst der hervorragenden und wandlungsfähigen Stimme von Frontfrau Claudine Finke. „Demasiado Corazon“ von Mink deVille bringt jedenfalls die Leute zum Tanzen. Und das schon am Vormittag.

Vierstimmiger Satzgesang

Gehörige Portion Soul: Sängerin Claudine Finke. Foto: Christoph Mischke

Eine der beiden Akustik-Gitarren spielt übrigens niemand Geringerer als Hartmut „Hamu“ Frenk, Gründer von „FEE“, der Braunschweiger NDW-Band. Wer kennt nicht „Schweine im Weltraum“ von 1982. Davon ist heute allerdings nichts zu hören. Stattdessen feinster vierstimmiger Satzgesang und ein schöner Groove, der sich nach und nach auf die Zuhörer*innen überträgt. „Take it easy“, „Love the one you with“ bereiten dem Publikum sichtlich Freude. Auch das Brautpaar, dass sich vor wenigen Minuten das Ja-Wort in der Dorntze des Alten Rathauses gegeben hat, gesellt sich mit seinen Gästen dazu. Und was macht die Band? Richtig, ein kurzer Glückwunsch und sie spielen „Blackbird“ von den Beatles als kleinen Gruß an das frischgebackene Ehepaar. Ich liebe Straßenmusik und ihre Spontaneität.

Einfach nur so

Aus Freude an der Musik: Eric ist auf Durchreise in Göttingen. Foto: Christoph Mischke

Manchmal spielt aber auch jemand einfach nur so, aus Freude an der Musik. An einem warmen Spätsommertag sitzt Eric mit seiner Gitarre auf dem Brunnenrand des Gänseliesels. Leise singt der 25-Jährige „Californication“ von den Red Hot Chili Peppers. Wahrscheinlich ist es genau dieses dezente Auftreten, dass die Umstehenden aufmerksam werden lässt, obwohl von der gegenüberliegenden Baustelle mitunter eine Steinsäge kreischt. Eric stammt aus Hannover und hat in Göttingen einige Jahre Biologie studiert. Gerade kommt er aus Bonn und ist auf der Durchreise zu seinem Elternhaus. „Ich mache hier für zwei Tage Station, um ein paar Leute wiederzutreffen“, sagt er lächelnd.

„Sunny“ und James Bond

Eigenständige Interpretationen: Eric spielt nicht für Geld. Foto: Christoph Mischke

Göttingen findet er klasse, vor allem, dass viele Grün und die kurzen Wege. „Außerdem“, meint Eric, „hat die Stadt im Bereich Techno einige hervorragenden Kollektive“. Gitarre spielt er erst seit vier Jahren und ich staune umso mehr über seine Fingerfertigkeit. Es ist doch wirklich nie zu spät, ein Instrument zu erlernen. „Ich bemühe mich immer um möglichst eigenständige Interpretationen der Stücke, die ich spiele“, berichtet er. Wie zum Beweis stimmt er „Sunny“, den viel gecoverten Soul-Song von Bobby Hebb, an. Hier hat er wunderbar das James-Bond-Thema eingearbeitet und ich entschließe mich, genau wie einige andere, den Song unbedingt zu Ende zu hören.

Christoph Mischke

Ich bin in "Chöttingen cheboren", so wie es wohl Schorse Szültenbürger in seinen vergnügten Geschichten in Göttinger Mundart geschrieben hätte. Ich hatte immer das Glück in meiner Heimatstadt leben und arbeiten zu können und halte es mit dem Historiker August Ludwig von Schlözer, der sagte: "Extra Gottingam non est vita, si est vita non est ita." (Außerhalb Göttingens kann man nicht leben, wenn aber doch, dann nicht so gut).
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