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Gänseliesel in Göttingen: Alles, was ihr wissen müsst

Von Angelika Daamen
Entdeckt die charmante Geschichte des Gänseliesels, die lebendige Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart der Stadt Göttingen. In einem persönlichen Artikel teilt Angelika Daamen, die langjährige Leiterin des Göttingen Tourismus, ihre Erlebnisse und Beobachtungen und lädt euch ein, das Gänseliesel und seine besondere Rolle in der Stadt aus einer ganz persönlichen Sicht kennenzulernen.
  • Der Gänselieselbrunnen mit gelben Rosen geschmickt.
  • Drohnenaufnahme des Gänseliesels in Göttingen von oben
  • Das Gänseliesel in Göttingen von einer anderen Perspeletive aufgenommen.

Das ist das Gänseliesel in Göttingen

Ganz ehrlich: Während meiner Studienzeit spielte das Gänseliesel für mich keine Rolle. Man traf sich gelegentlich dort oder saß an warmen Sommertagen auf dem Brunnenrand. Aber welche Bedeutung die Figur für die Stadt hatte, war mir nicht bewusst. Das änderte sich ein paar Jahre später schlagartig, als ich die Leitung des Göttingen Tourismus übernahm. Von nun an war das Gänseliesel allgegenwärtig. Schon beim ersten Besuch in der Tourist-Information war es nicht zu übersehen.

Gänseliesel überall

Sein Konterfei schmückte Tassen, Handtücher, Teller, Gläser, Taschen, Postkarten, Aufkleber, Broschüren und vieles mehr. Daran hat sich auch bis heute nichts geändert. Und nicht nur Tourist*innen kaufen die Artikel, auch viele Einheimische, weil sie sich mit ihrer Stadt und ihrem inoffiziellen, aber doch offensichtlichen Wahrzeichen identifizieren. Grund genug, sich einmal näher mit der Geschichte des Gänseliesels und seiner Rolle in der Stadt zu beschäftigen.

  • Historische Skizze des Gänselieselbrunnens aus Göttingen
  • Die heutige Fußgängerzone ist in diesem Foto noch von PKWs befahren worden. Man sieht Busse, Autos und die Altstadt im historischen Flair auf diesem schwarz weiß Foto.

Die Geschichte des Gänseliesels

1898 rief der Magistrat der Stadt Göttingen einen Wettbewerb zur Gestaltung des Brunnens auf dem zentralen Marktplatz ins Leben. Der Entwurf „Gänseliesel“ von dem Bildhauer Paul Nisse und dem Architekten Paul Stöckhardt landete in der Jurywertung zwar nur auf Platz 2, stieß aber bei der Bürgerschaft auf weit mehr Zustimmung als der erstplatzierte. Der Magistrat der Stadt entschied daraufhin, den Gänseliesel-Brunnen zu realisieren. Er wurde am 8. Juni 1901 sang- und klanglos aufgestellt.

Die meistgeküsste Frau der Welt – trotz Verbot!

Seit 1901 ist viel Zeit vergangen:  Das Gänseliesel hat sich bis heute zur meistgeküssten Frau der Welt gemausert. Bald nach der Aufstellung fanden nämlich die Studenten Gefallen an der Brunnenfigur. Es wurde Brauch, dass jeder Neuimmatrikulierte dem Gänseliesel einen Besuch abstatten und es küssen musste. Das damit verbundene lautstarke Treiben versuchte die Obrigkeit zu unterbinden. Hierzu erließ sie 1926 eine Verordnung, in der das Küssen unter Strafe gestellt wurde. Auch Graf Henckel von Donnersmarck, ein Vorfahre des bekannten Regisseurs und Oscar-Preisträgers, wurde erwischt. Als ambitionierter Jurastudent focht er die Rechtmäßigkeit der Polizeiverordnung an. Das als „Kuss-Prozess“ in die Stadtgeschichte eingegangene Verfahren verlor er allerdings. Das Verbot hatte weiterhin Bestand und ist, entgegen anderslautender Meinungen, sogar bis heute in Kraft.

 

  • Eine Doktorandin küsst das Gänseliesel in Göttingen.
  • Großaufnahme eines Doktorandenhutes mit rosa Plüsch und diversen Applikationen.

Der Gänseliesel-Kuss heute

Nach der Promotion wird geknutscht

Mit den Jahren hat sich der Brauch etwas verändert. Heute kommen nicht mehr die Neuimmatrikulierten, sondern die Doktorand*innen um das Gänseliesel zu küssen – Verbot hin oder her. Manche kommen alleine, manchmal sind es 60 und mehr. Und natürlich bringen alle dem Gänseliesel als Dankeschön Blumen mit und schmücken damit den Baldachin.

Mit Bollerwagen zum Gänseliesel-Kuss

Längst ist das Küssen des Gänseliesels nicht mehr nur den Männern vorbehalten. Auch Doktorandinnen frönen dem Brauch begeistert und kommen, ebenso wie ihre männlichen Pendants, in geschmückten Bollerwagen oder Treckern zum Brunnen.

Geschmückte Doktorhüte

Ein echter Hingucker sind die bunt geschmückten Doktorhüte, bei deren Gestaltung der Fantasie freien Lauf gelassen wird und die bei genauem Hinsehen viel über die Träger*innen verraten. Da gibt es Anspielungen auf den Herkunftsort, das Studienfach und natürlich auf die vielfältigen Hobbys der Träger*innen.

  • Im Bühnenbild der Aufführung steht das origionale Gänselliesel als Deko.
  • Ein Podest wurde gebaut, damit das Gänseliesel von möglichst vielem Menschen geküsst werden konnte.

Das Gänseliesel heute

2001: Gänseliesel wurde zum Kuss freigegeben

Der 100. Geburtstag des Gänseliesels 2001 wurde groß gefeiert. Wahrzeichen und Märchenfiguren aus anderen Städten überbrachten ihre Glückwünsche. Für 100 Minuten war es auch der „normalen“ Bevölkerung ohne Doktortitel gestattet, das Gänseliesel zu küssen. Mitglieder des Rats der Stadt Göttingen bewiesen ihr schauspielerisches Talent und hoben in einer improvisierten Spaß-Ratssitzung das Kussverbot für diese Zeit auf.

Lange Schlange für ein Bussi

Damit alle „Kuss-Interessierten“ das Gänseliesel sicher erreichen konnten, hatte der städtische Bauhof eigens eine Holzkonstruktion angefertigt, die am Brunnen installiert wurde und den Aufstieg erleichterte. Ich weiß noch, dass ich nicht schlecht über die lange Schlange von großen und kleinen Göttinger*innen staunte, die sich am Fuß der Treppe bildete.

Ein Stein hilft vor nasser Überraschung

Zwar ist die Treppe nach dem Festakt wieder verschwunden, aber trotzdem hat sich die Stadtverwaltung in den letzten Jahren bemüht, die Gefahren, die das Hinaufsteigen zum Gänseliesel mit sich brachten, abzumildern. Passierte es früher zur (Schaden)Freude der Zuschauenden häufiger, dass Doktoranden ins Wasser fielen, weil sie auf dem glitschigen Brunnenrand ausrutschten oder den Abstand bis zum rettenden Sockel falsch eingeschätzt hatten, ermöglicht heute ein Stein im Brunnen das Hinübersteigen trockenen Fußes.

Nicht mehr das Original steht am Markt

Allerdings, und das wissen nicht viele Besucher*innen, steht längst nicht mehr das Original-Gänseliesel auf dem Sockel. Nach mehrfachen Beschädigungen wurde es 1990 durch eine Kopie ersetzt. Das restaurierte Original befindet sich im Städtischen Museum, von wo es gelegentlich, einen Ausflug unternimmt. Das war zuletzt im vergangenen Jahr der Fall. Gut verpackt in einer großen Holzkiste wurde es ins Deutsche Theater gebracht und war während der Internationalen Händelfestspiele Teil der Bühnendekoration der Oper „Rodrigo“.

 

  • Aufnahme einer Replik aus dem Glückskönigreich in Obihiro in Japan
  • Anti-Atomkraft-Proteste zur Fukushima-Katastrophe 2011.

Gänseliesel international

In Japan gibt es eine Gänseleisel-Nachbildung

Aber nicht nur die Göttinger*innen lieben ihr Gänseliesel. Da es in jedem Reiseführer über Göttingen als Top-Sehenswürdigkeit vertreten ist, ist ein Fotostopp am Brunnen für in- und ausländische Tourist*innen, vor allem für diejenigen aus China und Japan, ein Muss. Und nahezu grenzenlos ist die Freude, wenn sie Augenzeug*innen einer echten Kuss-Zeremonie werden. Besonders großer Bekanntheit erfreut sich das Gänseliesel schon lange in Japan. Bereits 1989 wurde im Freizeitpark “Glückskönigreich” in Obihiro auf der Insel Hokkaido eine Nachbildung des Göttinger Brunnens aufgestellt.

Doch nicht nur für Tourist*innen, sondern auch für Medienvertreter*innen aus dem In- und Ausland ist das Gänseliesel ein wichtiges Motiv in touristischen Beiträgen über Göttingen. Und so geben sich Fernsehsender unter anderem aus Italien, China und Japan auf dem Marktplatz ein Stelldichein.

Talar und Doktorhut liegen bereit

Auch Blogger*innen schauen vermehrt beim Göttingen Tourismus vorbei und fragen nach dem Gänseliesel. Nicht immer kommt zufällig gerade ein fotogener Doktorand vorbei, um das Gänseliesel zu küssen, wenn Medienvertreter vor Ort sind. Ein Problem, das leicht zu lösen ist: Im Schrank der Tourist-Information liegen Talar und Doktorhut bereit, und meist findet sich auch Mitarbeiter*innen, ide für das gewünschte Foto den Brunnen erklimmen.

Eine bewegte Geschichte

Heute gehe ich mehrmals täglich am Gänseliesel vorbei und frage mich manchmal, was es uns wohl aus seinem langen, bewegten Leben erzählen würde, wenn es denn könnte. Vielleicht ein paar Geschichten aus der Zeit, als es noch an anderer Stelle auf dem Marktplatzes stand und der Verkehr noch durch die Weender Straße fuhr.

Oder von den vielen Demonstrationen, zu denen man sich am Brunnen traf, zum Beispiel zur Zeit der Studierenden-Proteste in den späten 60er Jahren und anlässlich der Atomkatastrophe 2011 im japanischen Fukushima.

Oder von den jubelnden Fans zur Zeit der Fußball-Weltmeisterschaft 2006, als es standhaft auf dem Sockel blieb, die Verzierungen des Baldachins allerdings hier und da Schäden davontrugen. Oder, oder, oder… Schade! Das Gänseliesel könnte so viel berichten, bleibt aber leider eine stumme Zeugin von 120 Jahren Göttinger Stadtgeschichte.

Zu guter Letzt: Der kleine Unterschied

Falls sich der aufmerksame Leser aus dem Süden der Republik bei der Lektüre des Artikels gewundert hat, hier noch ein letzter Hinweis: Es heißt „das Gänseliesel“ und nicht „die“, wie häufig von Touristen aus Bayern angenommen wird. Göttingen liegt zwar in der Mitte Deutschlands, aber wir fühlen uns sprachlich doch eher den Norddeutschen verbunden.”

Angelika Daamen
Zum Studium bin ich nach Göttingen gekommen und hier „hängengeblieben“. Die Stadt ist schon lange zu meiner Wahlheimat geworden. Ich mag das Leben hier, das studentische Flair, das kulturelle Angebot, die Umgebung – einfach (fast) alles. Nur die typische „Göttinger Krankheit“, das Nörgeln, die mag ich nicht. Aber die vielen Geschichten, die sich mit Göttingen verbinden. Und ich bin gespannt, was es noch alles zu entdecken gibt.

Redaktion: Florian Heinz

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