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Die Internationalen Gärten Göttingen: 20 Jahre Spaß an Bunt

27. Mai 2021
„Wir haben Spaß an Bunt“, lautet das Motto des Vereins Internationale Gärten e. V. Göttingen. Seit über 20 Jahren sind die Göttinger Gärten Begegnungsort für Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kulturkreise. Derzeit zählen sie, auf rund 11.000 Quadratmetern Fläche, rund 80 Mitglieder aus 25 Ländern wie beispielsweise Afghanistan, Algerien, China, Deutschland, Jemen, Korea oder Südafrika. Die […]

„Wir haben Spaß an Bunt“, lautet das Motto des Vereins Internationale Gärten e. V. Göttingen. Seit über 20 Jahren sind die Göttinger Gärten Begegnungsort für Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kulturkreise. Derzeit zählen sie, auf rund 11.000 Quadratmetern Fläche, rund 80 Mitglieder aus 25 Ländern wie beispielsweise Afghanistan, Algerien, China, Deutschland, Jemen, Korea oder Südafrika. Die Göttinger Initiative gilt als Mutter aller interkultureller Gärten Deutschlands. Wir haben uns mit dem Ersten Vorsitzenden Hansjörg Gutberger im Friedensgarten in Grone getroffen.

Bundesweites Netzwerk

Vielfalt auf 5.500 Quadratmetern: der Friedensgarten in Grone.

Mustafa stammt aus Syrien und ist auf der Suche nach einer Gartenparzelle. Hansjörg Gutberger muss ihn allerdings vertrösten. „Derzeit ist bei uns leider gar nichts mehr frei“, sagt er, hat aber einen Tipp parat. „Versuch‘ es doch bei Juan, er war früher Mitglied bei uns, und hat mit dem Nachbarschaftszentrum Holtenser Berg dort einen Gemeinschaftsgarten ins Leben gerufen, den Begegnungsgarten.“

Schön zu sehen, wie Multiplikation funktioniert. „So ist das bei uns auch gewesen“ berichtet der Erste Vorsitzende. „Wir haben unsere Idee aus den Anfangstagen ja auch weiter getragen. Aus dem Stadtteil in die Stadt, dann in die Region und darüber hinaus. Rund 700 „Urban Gardening“-Projekte, davon von circa 300 interkulturelle Gärten, sind heute bundesweit im Netzwerk der urbanen Gärten vereint. Das ist im Wesentlichen unseren Gründungsmitgliedern Najeha Abid und Shimeles Tassew zu verdanken.

Ein grünes Allerlei

Auf der Suche: Mustafa im Gespräch mit Hansjörg Gutberger.

Tiefer gelegte Beete: Lauch-Anbau im Quadrat.

Während sich der Vorsitzende und Mustafa unterhalten, schaue ich mich im Friedensgarten um. Auch bei der Gartengestaltung dominiert die Vielfalt. Hier begrenzt ein niedriger Staketenzaun eine Parzelle, gegenüber nur ein paar Büsche, daneben gar die metallenen Kopf- und Fußteile eines Betts. Manche Gartengrundstücke sind nach Gemüsesorten aufgeteilt, auf anderen herrscht ein grünes Allerlei vor. Ich entdecke eine Parzelle, auf der eine afghanische Familie eine mir unbekannte Lauchart anbaut, sieht aus wie Schalotten. Fein säuberlich mit Holzbrettern zu Quadraten angeordnet, liegen die Beete gut zehn Zentimeter tiefer als die Wege dazwischen. Vermutlich weil die Pflanzen einen erhöhten Wasserbedarf haben, ähnlich wie bei einem Reisfeld.

Gärtnern mit viel Liebe

Hübsch und lecker: Salat wächst in Körben, Kisten und auf dem Beet.

Tulpen im Garten: Wo es bunt ist, sind sicher auch Kinder am Werk.

Ich sehe, wieviel Liebe die Menschen in ihre Parzellen stecken. Hier und da sind kleine Steinmauern aufgeschichtet, eine Familie hat ihren Salat in Kisten und Weidenkörbe gepflanzt, was sehr hübsch aussieht. Genau wie die natürlichen Wegbegrenzungen aus halbierten Birkenstämmen. Neben Gemüse wird hier auch viel Obst angebaut: Stachelbeeren, Johannisbeeren und natürlich Erdbeeren, die an vielen Stellen ihre weißen Blüten in den Frühlingshimmel recken. Wo Kinder involviert sind, ist auch nicht zu übersehen. Lustige Figuren, Gartenstecker, bunte Zaunpfähle und Blumen zeugen von ihrem gärtnerischen Einsatz.

Selbstachtung und Selbstvertrauen

Nicht einfach: Yaman versucht sich am Hand-Rasenmäher.

„Ja“, sagt Hansjörg Gutberger lächelnd, „hier ist mehr als Grünfläche und ein bisschen Petersilie. Die Menschen holen hier richtig was aus dem Boden. Viele von ihnen hatten in ihren Heimatländern bereits Gärten oder gar Landwirtschaft und haben große Erfahrung.“ Ich begreife spätestens hier, wie wichtig die Gärten für geflüchtete Menschen sind. Die meisten leben in beengten Wohnverhältnissen oder befinden sich in einer prekären finanziellen Situation. Unter den Migrant*innen sind auch viele politische Flüchtlinge. Diese Familien können in den Gärten ihre eigenen Stärken entdecken und damit ihre Selbstachtung und ihr Selbstvertrauen aus eigener Kraft wiederherstellen. Eigenarbeit wie Selbstvertrauen führen wiederum dazu, dass Geflüchtete in unserer Gesellschaft anders, nämlich als Bereicherung, wahrgenommen und anerkannt werden. „Unsere Mitglieder im Projekt sind in die Arbeitsabläufe im Verein eingebunden“, erklärt mir der Vorsitzende, „sie initiieren und leiten viele Aktivitäten.“

Vielfältige Aufgaben

Vorfreude: Der Vorsitzende zeigt einem jungen Paar seine zukünftige Parzelle.

Doch der Verein ist so viel mehr, was weit über den biologischen Anbau von Gemüse, Kräutern und Obst hinausgeht. Gemeinsam mit vielen Partnern geht es um Arbeitsschwerpunkte wie das Erlernen der deutschen Sprache, die Förderung der beruflichen Orientierung sowie die soziale und berufliche Integration von migrierten und geflüchteten Familien. Die Vermittlung von Umweltwissen an Kinder, die Nachbarschaftshilfe, Familienbetreuung und das gemeinsame Feiern von Festen gehören auch zu den Aufgaben, die sich der Verein auf die Fahne geschrieben hat. „Wir verstehen uns hier als Kollektiv“, sagt der Vorsitzende, „und das funktioniert, weil wir gut zusammenarbeiten.“ Wer sich das einmal anschauen möchte, nur zu, der Verein freut sich über Besucher*innen.

Ein Dutzend Bienenvölker

Bunte Bienenstöcke: Tarek traut sich sehr dicht an die fleißigen Insekten.

Ich staune über die Menge an bunten Bienenkästen im hinteren Bereich des Gartens. „Das ist eine von unseren beiden Lehr-Imkereien“, berichtet Hansjörg Gutberger, „die andere ist oben im Gemeinschaftsgarten in Geismar.“ In Grone kümmert sich eine Imkergruppe um inzwischen rund ein Dutzend Bienenvölker. Ganz schön viel denke ich und erfahre, dass es den Honig im Nachbarschaftszentrum Grone zu kaufen gibt. Tarek aus Syrien, dessen Parzelle gerade im Entstehen ist, schaut sich das summende Bienengewimmel aus der Nähe an. Ich mache das Foto von ihm dann doch lieber mit ein bisschen mehr Abstand. Sicher ist sicher.

Der Nachhaltigkeit verpflichtet

Recycling: Auf der Parzelle von “Janun” entsteht aus Altholz ein Gewächshaus für Tomaten.

Frostschutz: Samer Qasem kontrolliert mit seinem Sohn Yaman die Folientunnel.

„Wir haben uns der Nachhaltigkeit verpflichtet“, sagt mir der Vereinsvorsitzende, „denn wenn man häufig mit der Natur zu tun hat, wird einem vieles bewusster.“ Auch die Gartengruppe von Janun Göttingen e.V. ist Teil der großen interkulturellen Gartengemeinschaft. Ein Team von jungen Menschen hat das Ziel, ihren Gemeinschaftsgarten, in dem Gemüse und Obst angebaut werden, zu entwickeln und zu gestalten. Derzeit bauen sie aus Altholz und gebrauchten Fensterrahmen ein großes Gewächshaus für Tomaten. 4000 Liter Auffangfläche für Regenwasser hält der Verein vor und dazu kommen noch die zahlreichen großen Regentonnen mit denen die Familien für ihr Gartengrundstück vorsorgen. Hier kann man lernen, wie man mit Wasser umgeht. Das weiß auch Samer Qasem, der mit seinem siebenjährigen Sohn Yaman nach den Pflanzen auf seiner Parzelle sieht.

Glücklich: Yamans Paprika gedeihen prima unter der Abdeckung.

Er hat sich für seine Zucchini, Gurken und Tomaten aus gebogenen Weidenstecken und Folie zwei Tunnel gebaut. Samer ist zufrieden, denn obwohl es für Mai nachts noch ziemlich kühl ist, wächst sein Gemüse so geschützt prima. Yaman checkt derweil die Paprikapflanzen, die unter den Kunststoffhauben aus dem Baumarkt prächtig gedeihen. Bevor sie die Folientunnel wieder schließen, zupfen sie noch das unter diesen Bedingungen ebenfalls sprießende Unkraut heraus.

Kooperation mit Kita

Corona-Zeit: Erna Jost-Merkord hat mit Erzieherinnen einen Barfußpfad angelegt.

Auf meinem Rückweg lege ich noch einen kurzen Stopp im Gemeinschaftsgarten Geismar ein. Ich treffe Erna Jost-Merkord, die gerade eine Kindergruppe der benachbarten Kita St. Martin verabschiedet, mit der seit vielen Jahren eine Kooperation besteht. Ebenso mit der nebenan liegenden Wilhelm-Busch-Schule. Mit viel Engagement und Herzblut, das merke ich ihr sofort an, stellt sie jahreszeitliche Angebote für Kinder zusammen. Ich erinnere mich, wieviel Freude mein Sohn stets hatte, wenn seine Kita-Gruppe im Garten war, um Kartoffeln anzuhäufeln oder Himbeeren zu ernten. Die engagierte Förderschullehrerin im Ruhestand zeigt mir noch den Barfußpfad, den sie mit Erzieherinnen der Kita im ersten Corona-Lockdown angelegt hat. Ich bin versucht, meine Schuhe und Strümpfe auszuziehen, aber der nächste Gewitterschauer droht schon finster.

Kids pflanzen Mais und Kohlrabi

Geschickte kleine Gärtner*innen (v. l.): Manal, Hammal, Nail und Valeria pflanzen Kohlrabi.

An jedem Mittwochnachmittag gärtnert Nina Besecke vom Verein mit den Kindern aus der Bonveno-Wohnanlage auf den Zietenterrassen. Auch der relativ kleine Willkommensgarten gehört zu den Internationalen Gärten Göttingen. Heute pflanzen die Kids Kohlrabi, Zuckermais und verschiedene Bohnensorten. Bevor es los geht, führt die fast zehnjährige Valeria noch ihr Können mit dem Hula-Hoop-Reifen vor. Applaus. Mit Feuereifer stürzen sie, Nail, Manal und Hammal sich danach in die Arbeit. Ganz schön geschickt, wie die Kurzen mit Schaufel und Hacke umgehen, wie sie buddeln, die Pflanzen einsetzen und dann die Erde behutsam festklopfen. Nina Besecke muss den Überschwang nur manchmal ein wenig in Bahnen lenken. Mais-Babys nennt sie die kleinen Stecklinge, was bei den Kindern extrem gut ankommt. Ab und zu stockt der Workflow, weil ein paar Regenwürmer natürlich vor den scharfen Gartenwerkzeugen gerettet werden müssen. Nach einer guten Stunde ist auch dieser Garteneinsatz erfolgreich beendet. „Jetzt stellen wir noch eine Bildertafel aufs Beet“, sagt Nina lachend, „damit die Kohlrabis auch wissen, wie sie aussehen müssen.“

Falls keine weiteren Hinweise angegeben sind, gilt folgender Fotohinweis: Göttingen Tourismus und Marketing / Mischke.

Christoph Mischke

Ich bin in "Chöttingen cheboren", so wie es wohl Schorse Szültenbürger in seinen vergnügten Geschichten in Göttinger Mundart geschrieben hätte. Ich hatte immer das Glück in meiner Heimatstadt leben und arbeiten zu können und halte es mit dem Historiker August Ludwig von Schlözer, der sagte: "Extra Gottingam non est vita, si est vita non est ita." (Außerhalb Göttingens kann man nicht leben, wenn aber doch, dann nicht so gut).
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