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Völlig entspannt: Citytour auf Abstand

2. Juli 2020
In Corona-Zeiten funktioniert manches noch nicht, aber vieles läuft schon wieder in geordneten Bahnen, wenn auch etwas anders als gewohnt. Seit einigen Wochen bietet Göttingen Tourismus wieder seine beliebten Stadtführungen an. Noch nicht in gewohntem Umfang, denn Führungen innerhalb geschlossener Gebäude sind zurzeit untersagt. Da eine Vielzahl der Rundgänge aber durch die frische Luft führt, […]

In Corona-Zeiten funktioniert manches noch nicht, aber vieles läuft schon wieder in geordneten Bahnen, wenn auch etwas anders als gewohnt. Seit einigen Wochen bietet Göttingen Tourismus wieder seine beliebten Stadtführungen an. Noch nicht in gewohntem Umfang, denn Führungen innerhalb geschlossener Gebäude sind zurzeit untersagt. Da eine Vielzahl der Rundgänge aber durch die frische Luft führt, steht einem Kennenlernen der Stadt unter fachkundiger Begleitung nichts im Wege. Ok, der Mindestabstand muss eingehalten werden und die Gäste sind aufgefordert, während der Führung eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Dass die Besucherzahl auf maximal zwölf Teilnehmer*innen begrenzt ist, kann sich auf die Intensität ja nur günstig auswirken. Neugierig, wie ich nun einmal bin, wollte ich das selbst einmal ausprobieren und habe Gästeführerin Margareta Hultsch auf ihrer Tour „Idyllische Plätze – Gärten, Grün und Höfe“ begleitet.

Selbstverständlich mit Maske

Citytour mit Maske: Gästeführerin Margareta Hultsch. Foto: Christoph Mischke

Es ist Sonntag, kurz vor 11 Uhr. Das Wetter präsentiert sich als Sonne-Wolken-Mix bei angenehmen 22 Grad und ein leichter Wind weht – gerade richtig für einen Stadtrundgang. Alle Besucher haben sich pünktlich vor der Tourist-Information am Alten Rathaus eingefunden. Frau Hultsch begrüßt ihre Gäste und weist sie auf die derzeit geltenden Gesundheitsschutz-Maßnahmen hin. Zustimmendes Nicken bei allen Beteiligten, die bereits, wie selbstverständlich, ihre Mund-Nase-Maske aufgesetzt haben. Als ich mich mit gebührendem Abstand, allerdings noch ohne Maske, vorstellen möchte, bekomme ich schon nach zwei Sekunden eine „Ansage“ von einer Teilnehmerin. Ich solle doch bitte auch meinen Mundschutz, der noch locker um meinen Hals baumelt, tragen. Wenn schon, denn schon. Wo sie Recht hat, hat sie Recht, denke ich, und knote das obere Band der Maske über meinen Ohren fest. Damit hat sich auch jegliche weitere Frage, ob und wie ernst die Teilnehmer*innen die Beschränkungen nehmen, erledigt.

Göttingen, die Gartenstadt

Staunen mit Abstand: üppiges Grün in der Kornmarkt-Passage. Foto: Christoph Mischke

Zur Einstimmung auf unsere Tour berichtet Frau Hultsch über die Entstehung der Gartenkultur im Allgemeinen und im Speziellen auch in Göttingen. Sie erzählt von den Barfüßermönchen, die zu den Franziskanern zählen sowie von den Dominikanern, die hier in grauer Vorzeit bereits Gärten angelegt haben. „Einer von vielen Impulsen war sicher auch die Entdeckung Amerikas“, berichtet sie, „denn von dort wurden viele Pflanzen auch nach Deutschland gebracht, die es dann hier zu kultivieren galt.“ Als Beispiel nennt sie die Kartoffel, der Deutschen Lieblingsbeilage, die aber ursprünglich gar nicht von hier stammt. Sie zeigt das Bild „Paradiesgärtlein“ eines unbekannten oberrheinischen Meisters, in dessen Zentrum Maria sitzt, umgeben von zahlreichen Heiligen. Aber eben auch, wie es sich für einen Garten gehört, von zahllosen blühenden und Früchte tragenden Pflanzen. Immerhin stammt das Gemälde aus dem Jahr 1410. „Wer wachen Auges durch Göttingen streift“, sagt die Gästeführerin, „wird in Gärten und Hinterhöfen noch viel mehr Grün entdecken, als auf den ersten Blick.“ Nicht umsonst nannte sich Göttingen früher „die Gartenstadt“.

Hinterhöfe statt Brandgassen

Häuser bündig gebaut: die Gruppe in der Kurzen Straße. Foto: Christoph Mischke

Wir beginnen gleich an Ort und Stelle und gehen in die Kornmarkt-Passage. Vorne ist der Biergarten des „Café Gartenlaube“, aber man kann, viele wissen es wohl nicht, noch weiter hindurchgehen, bis auf die Rückseite des Restaurants „Villa Cuba“, das hier einige Außenplätze hat. Herrlich grün und kühl ist es an der Rückseite der benachbarten Universitätsapotheke, von einigen Göttingern immer noch „alte Pillendreherei“ genannt. Wir verlassen den Innenhof zur Weender Straße hin und gehen rechts herum. Eine Teilnehmerin kühlt sich die Unterarme in dem dreistöckigen Brunnen am Kornmarkt. Das tut gut. Dass die häufig begrünten Hinterhöfe durchaus auch einen sehr praktischen Hintergrund haben, erklärt uns Frau Hultsch eingangs der Kurzen Straße. In Göttingen wurde bündig gebaut, also ohne Brandgassen zwischen den Häusern. Das konnte man nur deshalb machen, weil im Brandfall auch von den Höfen aus gelöscht werden konnte.

Unter dem Boskop an St. Michael

Spannend: Göttinger Historie im Innenhof von St. Michael. Foto: Christoph Mischke

Selbstverständlich: Die Gäste lauschen mit Maske und Abstand. Foto: Christoph Mischke

Kurz darauf stehen, respektive sitzen wir im hinteren Innenhof von St. Michael unter einem alten Apfelbaum. „Ein Boskop“, wie Frau Hultsch verrät. „Hier darf wachsen, was wächst“, sagt sie mit Blick auf die farbenfrohe Pracht und wie zur Bestätigung huscht Pater Ludger Joos, der Gemeindepfarrer, mit einem Lächeln vorbei. Wir bestaunen das wunderschöne Ambiente und erfahren viel über das ehemalige Hospital Alt-Mariahilf, den Marienaltar, über den Kräutergarten und die „lebende“ Weihnachtskrippe, die alljährlich hier in einer Art Garage gezeigt wird. Es ist spannend zu sehen, wie völlig selbstverständlich die Führungsgäste die Abstände einhalten und sich nicht gegenseitig auf die Pelle rücken. Als hätte es nie andere Zeiten gegeben. In dieser Gruppe herrschen Umsicht und Rücksicht aufeinander. Auch die Kommunikation ist mit Maske kein Problem. Frau Hultsch und ihre Gäste verstehen sich akustisch ausgezeichnet. Dass die Unterhaltung in diesem Moment zum Scheitern verurteilt ist, liegt am Einsetzen des Mittagsgeläuts im Kirchturm direkt über uns.

Dachgärten und Rosenstöcke

Leuchtend rot: Rosen im Durchgang zum Wochenmarkt. Foto: Christoph Mischke

Auf unserem Weg zur nächsten Station erzählt die Gästeführerin von Göttingens größter Grünanlage, dem historischen Stadtwall mit seinem Lindenbestand, zeigt private Dachgärten und Rosenstöcke, die Besitzer an ihren Wohn- und Geschäftshäusern gepflanzt haben. Ich frage Dietrich Klabunde, der seit 36 Jahren in Göttingen lebt, nach seinen Eindrücken von dieser Führung mit Maske. „Das ist halt jetzt so und ich nehme das in Kauf“, sagt er. „Jedenfalls ist der Mundschutz für mich kein Grund, auf eine interessante Stadtführung zu verzichten.“ Das ist genau der Eindruck, den ich von der gesamten Gruppe habe.

Bockshornklee und Eberraute

Einzigartig: der Mittelalter-Garten hinter dem Holbornschen Haus. Foto: Christoph Mischke

Neun Meter tief: der Boden des Brunnens ist nicht zu erkennen. Foto: Christoph Mischke

Den mittelalterlichen Garten des Holbornschen Hauses betreten wir von der Rückseite des Grundstücks, von der Mauerstraße aus. Auf den Beeten, die mit schlichten Holzbrettern eingefasst sind, reihen sich zahlreiche, Nutz-, Kräuter- und Heilpflanzen aneinander. Frau Hultsch lässt ihre Gäste an Eberraute, Bockshornklee und kleinblättrigem Salbei schnuppern und hat zu jeder Pflanze auch noch mindestens ein Anekdötchen und Anwendungsbeispiele parat. Dabei streift sie auch das Thema der Wasserversorgung. Für die Menschen und auch die Gartenanlagen schlicht unverzichtbar. Allerdings: Wo Wasser war, da war auch die Toilette nicht sehr weit.

Am Brunnen vor dem Tore

Kurzweilig: Anekdötchen von der Gästeführerin. Foto: Christoph Mischke

Grüne Idylle: Hier gedeihen Kräuter, Heil- und Nutzpflanzen. Foto: Christoph Mischke

Aufgrund der hygienischen Verhältnisse geht die alte Mär, dass die Göttinger ihren Kindern lieber Bier als Wasser zu trinken gaben, denn beim Brauen wurde es wenigstens einmal abgekocht. Wir lernen noch viel über das älteste Steinhaus Göttingens aus dem Jahr 1266, über tiefe Brunnen und gesunde Mispeln, die zu Marmelade oder Gelee verarbeitet werden können. Angesichts der wuchtigen Linde auf dem Areal zitiert Frau Hultsch „Am Brunnen vor dem Tore“, verbunden mit dem Hinweis, dass diese Baumart schon immer für Lebensqualität stand. Aber nicht nur als Schmuck, „denn die Blüten“, sagt sie, „wurden gesammelt und zu heilsamem Lindenblütentee verarbeitet.“

Oase der Ruhe

BU Foto: Christoph Mischke

Verwunschen: sattes Grün in einem Hinterhof in der Mauerstraße. Foto: Christoph Mischke

Prächtiger Anblick: bunte Sommerblüten im “offenen Garten”. Foto: Christoph Mischke

Auf unserem weiteren Rundgang zeigt die Gästeführerin den etwas versteckt liegenden grünen Hinterhof der Mauerstraße 18, ein verwunschen anmutender Ort, den ich selbst noch nie wahrgenommen habe. Im Gegensatz zu dem „offenen Garten“ in der Wendenstraße, direkt neben dem Kreisverbandsbüro der Grünen. Das passt. Durch den Garten der Albanikirche, trotz der Citylage eine Oase der Ruhe, erreichen wir über die Obere Karspüle und die Friedrichstraße den Wilhelmsplatz. Während Frau Hultsch aus dem geschichtlichen Nähkästchen plaudert, fällt mir ein geradezu symbolträchtiges Fotomotiv auf. Unsere Gruppe in Mund-Nase-Masken steht direkt hinter einer auffälligen, großen Werbetafel für die aktuelle virtuelle Ringvorlesung der Uni. Das Thema: „Ein Virus verändert die Welt“.

Berg-Ahorn und Kuchenbaum

Symbolträchtig: das Corona-Virus ist allgegenwärtig. Foto: Christoph Mischke

Fuchsien und Rosen: Geschichten im und über den Aula-Garten. Foto: Christoph Mischke

Frau Hultsch führt uns in den Aula-Garten, der im Rahmen von Stadtführungen von der Burgstraße aus zugänglich ist. Unter der Uni-Präsidentschaft von Prof. Horst Kern wurde der Gartenbereich im Frühjahr 2000, nach vorheriger archäologischer Untersuchung, neu gestaltet, und zwar so, dass er, in seinem Aussehen, möglichst weitgehend den im frühen 19. Jahrhundert verbreiteten Gärten entsprach. Aus der davor liegenden Zeit sind heute noch ein mächtiger Berg-Ahorn sowie ein Exemplar des seltenen sogenannten Kuchenbaums erhalten.

Fuchsien und prächtige Rosen

Durch den Springbrunnen gesehen: ausruhen im grünen Garten. Foto: Christoph Mischke

Gepflegt: farbenprächtige Rosen an der Hauswand. Foto: Christoph Mischke

„Die Neubepflanzung und die Pflege über die Jahre ist, auch weit über seinen Ruhestand hinaus, dem ehemaligen stellvertretenden Universitäts-Gärtnermeister Felix Kersten zu verdanken“, berichtet Frau Hultsch. Die Gruppe hat sichtlich Freude an dem symmetrisch gestalteten Kleinod, mit seinen sattgrünen Buchshecken, den hochstämmigen Fuchsien und den prächtigen gefüllten Rosen. Jetzt, zum Ende hin, beklagt sich doch tatsächlich eine Teilnehmerin, dass sie die Gästeführerin nicht gut verstehen kann. Dabei hat sie wohl vergessen, dass sie sich direkt vor den laut plätschernden Springbrunnen gesetzt hat. Die Gruppe feixt.

Exklusiv-Blick auf lauschige Wiese

Im Akademie-Garten: die Teilnehmer*innen genießen die Atmosphäre. Foto: Christoph Mischke

Über ein rückwärtiges kleines Holztor gelangen wir direkt in den großen Garten der Akademie der Wissenschaften auf der Rückseite der Aula. Jetzt ist mir klar, warum die Gäste die Terrasse des Apex so lieben. Sie haben hier nämlich einen Exklusiv-Blick auf das umgebende Fachwerk, die lauschige Wiese und die riesige Eibe mit der Rundbank darunter. Ursprünglich war dieses Garten-Hinterhof-Ensemble noch größer, aber ein Teil musste vor vielen Jahren zugunsten von Parkraum für die Universität weichen. Wir dürfen im Rahmen des Rundgangs einen kleinen Tunnelgang benutzen, der uns direkt in die Theaterstraße führt. Zum Abschluss unserer Tour bekommt Frau Hultsch neben dem Applaus der Teilnehmer*innen noch ein extra Lob von Heidi Kijewski. „Sie haben das alles ganz wunderbar und kurzweilig erzählt“, bedankt sich die Göttingerin. „Bleiben sie alle gesund“, entgegnet die Gästeführerin lächelnd.

Über Kommentare zu unseren Blog-Beiträgen freuen wir uns jederzeit. Schickt uns dazu gerne eine Nachricht auf unserer Mein Göttingen Facebook-Seite.

Christoph Mischke

Ich bin in "Chöttingen cheboren", so wie es wohl Schorse Szültenbürger in seinen vergnügten Geschichten in Göttinger Mundart geschrieben hätte. Ich hatte immer das Glück in meiner Heimatstadt leben und arbeiten zu können und halte es mit dem Historiker August Ludwig von Schlözer, der sagte: "Extra Gottingam non est vita, si est vita non est ita." (Außerhalb Göttingens kann man nicht leben, wenn aber doch, dann nicht so gut).
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