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Natur am Grünen Band: Gut Herbigshagen

19. September 2019
Am 9. November dieses Jahres jährt sich der Mauerfall in Berlin zum 30. Mal. Nach und nach werden im Anschluss auch die anderen Sperranlagen entlang der innerdeutschen Grenze geöffnet. Am 3. Oktober 1990 feiern die Bürger die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten. Die Natur allerdings kennt keine Mauern, keinen Stacheldraht und keine Minenfelder. 1989 berichtet der […]

Am 9. November dieses Jahres jährt sich der Mauerfall in Berlin zum 30. Mal. Nach und nach werden im Anschluss auch die anderen Sperranlagen entlang der innerdeutschen Grenze geöffnet. Am 3. Oktober 1990 feiern die Bürger die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten. Die Natur allerdings kennt keine Mauern, keinen Stacheldraht und keine Minenfelder. 1989 berichtet der bekannte Naturfilmer Heinz Sielmann in seiner Fernsehreihe „Expeditionen ins Tierreich“ über die „Tiere im Schatten der Grenze“. Auch im Bereich Duderstadt dreht der vielfach ausgezeichnete Tierfilmer für seine beeindruckende Dokumentation. Seit dieser Zeit engagierte sich der 2006 verstorbene Sielmann dafür, den Todesstreifen der ehemaligen innerdeutschen Grenze zu Thüringen für den Naturschutz zu erhalten. Als Grünes Band Deutschland ist das Naturschutzprojekt inzwischen Teil des Grünen Bandes Europa.

Natur am ehemaligen Grenzstreifen

Gut Herbigshagen: Von der Grenzregion zum Naturschutzgebiet

Von der Grenzregion zum Naturschutzgebiet: Gut Herbigshagen. Foto: Christoph Mischke

Gut Herbigshagen

Auf dem charmanten Gutshof dreht sich alles um den Naturschutz. Foto: Christoph Mischke

Aus dem Engagement am ehemaligen Grenzstreifen resultiert 1994 die Gründung der Heinz-Sielmann-Stiftung. Seit 1996 ist die Stiftung auf Gut Herbigshagen bei Duderstadt ansässig. Die Stiftung will durch Ankauf und Pflege von Biotopen Lebensräume für bedrohte Arten schaffen und erhalten. Mit bis zu 65.000 Besuchern pro Jahr ist das Gut Herbigshagen ein viel besuchtes Zentrum in der Region Südniedersachsen. Als Regionales Umweltbildungszentrum (RUZ) ist der charmante Gutshof auch ein wichtiger außerschulischer Lernort. Das Natur-Erlebniszentrum verknüpft die Kernthemen der Heinz-Sielmann-Stiftung mit den historischen und ökologischen regionalen Gegebenheiten. 2019 ist das Jahr des Umbaus und ein großer Bereich des Erlebniszentrums wird umgestaltet. Unter anderem wird das Natur-Erlebnishaus mit Spielen und modernen Ausstellungen zu Umwelt und Natur neu eröffnet. Ich habe mich für euch auf Gut Herbigshagen einmal umgesehen.

Tiere hautnah

Pfauen-Hahn auf Gut Herbigshagen

Zutraulich: Der Pfauen-Hahn hat kaum Berührungsängste. Foto: Christoph Mischke

Auf Gut Herbigshagen darf ein Schwein noch Schwien sein

Schlammbad: Hier darf das Schwein Schwein sein. Foto: Christoph Mischke

Fauna und Flora: Welchen Einfluss übt der Mensch aus?

Fauna und Flora: Welchen Einfluss übt der Mensch aus? Foto: Christoph Mischke

„Unsere Tiere hautnah“ steht auf der Tür zum Bauernhof. Drinnen riecht es zwar herrlich nach Stall, aber er ist, bis auf einige Schwalben, völlig verwaist. Die Tiere sind bei dem wunderbaren Wetter alle draußen auf den umliegenden Weiden. Hautnah hatte sich vorher aber schon der Pfauen-Hahn gezeigt. Augenscheinlich an Menschen gewöhnt, geht er gerne auf Tuchfühlung, wohl in der Hoffnung, etwas Essbares abstauben zu können. Natürlich füttern wir und auch die anderen Besucher den farbenprächtigen Vogel nicht. Gemeinsam mit Frau und Sohn schaue ich mir die Ausstellung „Natur bewahren“ in der Remise an. Basierend auf Sielmanns Film „Tier im Schatten der Grenze“ und der nachfolgenden Entwicklung zum Naturschutzgebiet laden zahlreiche asymmetrische, begehbare Boxen zum Entdecken von Tieren und Pflanzen ein. Mein Sohn Hannes findet großen Gefallen in der Steuerzentrale, wo er unterschiedliche Szenarien bei der Bewirtschaftung von Landschaften mit völlig unterschiedlichen Ergebnissen simulieren kann. Spielerisch erlebt er, welchen Einfluss der Mensch durch sein Tun oder sein Unterlassen auf Fauna und Flora ausübt.

Toben am Kika-Baumhaus

Kika-Baumhaus auf Gut Herbigshagen

Das Größte für die Kids: das Kika-Baumhaus. Foto: Christoph Mischke

Blick vom Kika-Baumhaus auf Gut Herbigshagen

Gute Fernsicht: Blick vom Baumhaus auf Gut Herbigshagen. Foto: Christoph Mischke

So interessant und lehrreich die Ausstellung auch ist, zieht es uns nach einer Dreiviertelstunde wieder nach draußen. Ist ja auch herrliches Wetter. Über das Freigelände, auf dem sich Esel, Schweine, Pfauen, Gänse und eine Schar Laufenten tummeln, zieht es vor allem den Kurzen in Richtung Kika-Baumhaus. Das ist der reale Nachbau der im Kinderkanal verwendeten Fernsehkulisse, der im Jahr 2010 oberhalb des Naturschutzzentrums errichtet wurde. Kaum fünf Minuten vergehen auf dem schmalen Waldweg und wir sind am Haus angekommen. Hannes entert mit vielen anderen Kids die Kletternetze und ist erst einmal verschwunden. Mama und Papa machen es sich in der Sonne auf der Streuobstwiese bequem und picknicken. Andere tun es uns gleich, sitzen auf Jacken, Decken oder am großen hölzernen Tisch.

Klettern wie ein Baummarder

Kletter- und Bewegungspfad auf Gut Herbigshagen

Auf den Spuren des Baummarders: der Kletter- und Bewegungspfad. Foto: Christoph Mischke

Buntes Leben an der Wildblumenweide auf Gut Herbigshagen

Herrlicher Duft: buntes Leben an der Wildblumenweide. Foto: Christoph Mischke

Auf unserem Weg zurück zum Gut entdecken wir den Baummarder-Pfad. Das ist ein Weg, der einen sogenannten Marderpass quasi in groß nachbildet. Marderpässe sind die Wege, die diese nachaktiven Räuber schon seit Generationen gehen. Für uns heißt das, wir dürfen uns an zahlreichen Kletter- und Spielstationen ausprobieren, können über Hindernisse aus Holzstämmen, Seilen und Ketten klettern oder balancieren. Wohlgemerkt: können. Es gibt neben dem Pfad noch einen ganz normalen Waldweg zum Spazierengehen. Hannes jedenfalls liebt die Klettertour und ist von den Holzbalken kaum wieder herunter zu bekommen. Der Baummarder-Pfad führt uns auch an der Wildblumenweide vorbei. Die Schmetterlinge tanzen auf ihrer Nektarsuche über die farbigen Blüten und es duftet herrlich. Einige Meter weiter, an einem kleinen Teich beobachten Eltern mit ihren Kids die bunten Libellen, die über dem Wasser ihre Kreise ziehen.

Wildwechsel

Wildwechsel am Grünen Band auf Gut Herbigshagen

Rollenspiel für Kinder: Wildwechsel am Grünen Band. Foto: Christoph Mischke

Wildwechsel: Ein tierischer Rolletausch

Lea Luchs oder Willi Wolf: ein tierischer Rollentausch. Foto: Christoph Mischke

Wir sind wieder am Besucherzentrum angekommen und wollen hier gerne noch einen Blick in die neuen Ausstellungen werfen. Im Eingangsbereich treffen wir zuerst auf den obligatorischen Souvenir-Stand. Neben Tassen, Büchern und Spielen zum Thema Naturschutz, können die Besucher hier vor allem regionale Produkte wie Öle, Senf, Säfte oder Honig erwerben. Auf das Spiel „Wildwechsel im Grünen Band“, das die Kinder mit wabenförmigen Sitzkissen lockt, hat Hannes keine Lust. Der bisherige Tag war auch spannend und aufregend genug. Vielleicht schlüpft er ja beim nächsten Mal in eine der Rollen wie Lea Luchs, Willi Wolf oder Emil Erdkröte und streift als Tier durch die Vielfalt des Lebensmosaiks. Leider ist die Cafeteria, wie wir hören, schon länger nicht in Betrieb. Es gibt nur Eis und ein paar Softdrinks in Selbstbedienung. [Anmerkung: Seit Mitte September ist die Cafeteria wieder verpachtet und es gibt Kaffee, Kuchen und kleine warme Speisen].

Faszinierende Makroaufnahmen

Raumgreifende Medieninstallation auf Gut Herbigshagen

Die raumgreifende Medieninstallation zeigt faszinierende Makroaufnahmen…

Raumgreifende Medieninstallation auf Gut Herbigshagen

…und lässt die Besucher auf ihrer Rückseite selbst aktiv werden. Fotos: Christoph Mischke

Im Obergeschoss haben die Gestalter eine große und absolut sehenswerte Ausstellung errichtet. In einer raumgreifenden Medieninstallation steht die Vielfalt der deutschen Landschaften im Fokus: Wälder, Weiden, Fließgewässer, Moore und vieles mehr in faszinierenden Makroaufnahmen, Zeitraffer oder Zeitlupe. Besucher können und sollen hier selbst aktiv werden. Beinahe spielerisch entdecken sie die Vielfalt der Natur in Deutschland mit über 48.000 Tier und rund 25.000 Pilz- und Pflanzenarten. Und noch viel wichtiger: Wer sich darauf einlässt, versteht sehr bald die unzähligen Wechselbeziehungen und Abhängigkeiten, die ein komplexes Netzwerk bilden und unsere Welt im ökologischen Gleichgewicht halten. Doch genau diese biologische Vielfalt ist in Gefahr und die Ursache ist fast immer der Mensch. Sicher ein lohnenswerter Ansatz, das eigene Tun und Handeln zu überdenken. Wir sind jedenfalls schwer beeindruckt.

Jeder ist selbst für den Naturschutz verantwortlich

Schautafel auf Gut Herbigshagen

Veränderte Lebensräume: Das ökologische Gleichgewicht ist in Gefahr. Foto: Christoph Mischke

Wer sich ein wenig an den Schaukästen mit den Tierpräparaten aufhält, merkt schnell an ihren Fragen, dass vor allem Kinder und Jugendliche viele Tiere überhaupt nicht kennen. Das mag vielleicht zum einen daran liegen, dass ihre Eltern die gemeinsamen Naturerlebnisse nicht als Punkt eins auf ihrer Erziehungsagenda haben, zum anderen wohl aber auch daran, dass es diese Tiere schlichtweg nicht mehr so häufig gibt. Wir sind nun wirklich viel in Wald und Feld unterwegs, aber ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt einen Eisvogel, einen Grauspecht, eine Wildkatze oder gar einen Biber gesehen habe. In dieser Erkenntnis der sich verändernden oder schwindenden Lebensräume für viele Spezies schwingt Sielmanns Aufforderung mit, dass sich jeder selbst für den Naturschutz einsetzen sollte. Wir nehmen uns das zu Herzen – versprochen.

Heinz Sielmanns Lebenswerk

Heinz Sielmann berichtet von seinen Reisen auf Gut Herbigshagen

Im 60er-Jahre-Wohnzimmer: Sielmann berichtet von seinen Reisen. Foto: Christoph Mischke

Dia-Streifen zeigen das filmische Schaffen von Heinz Sielmann

Weltweit: Dia-Streifen zeigen das filmische Schaffen des Tierfilmers. Foto: Christoph Mischke

Ein weiterer Teil der Ausstellung widmet sich ausführlich dem Initiator und Gründer der Stiftung. Sielmanns Lebenswerk wird hier in Wort und Bild umfassend vorgestellt und gewürdigt. Dia-Streifen von Standfotos mit Filmszenen seiner vielfach preisgekrönten Dokumentationen wie „Expedition Asien“ (1968), „Afrika in Gefahr“ (1990) oder „Mission Naturschutz“ aus den Jahren 2000 bis 2004 füllen mit den dazugehörigen Erklärungen einen ganzen Raum. Das ist nicht nur für Fotografen eine erhellende Zeitreise durch das Leben eines Mannes, der sich Zeit seines Lebens mit Leib und Seele dem Naturschutz verschrieben hat.

Goldene Kamera, Bambi und Filmband in Gold

Heinz Sielmanns Dokumentationen wurden vielfach gewürdigt

Ausgezeichnet: Sielmanns Dokumentationen wurden vielfach gewürdigt, Foto: Christoph Mischke

 Der Deutsche Filmpreis für "Galápagos" aus dem Jahr 1962

In Gold: Der Deutsche Filmpreis für “Galápagos” aus dem Jahr 1962. Foto: Christoph Mischke

Nettes Detail: Im Nachbau eines typischen 60er-Jahre-Wohnzimmers laufen auf einem uralten Philips-Fernseher Ausschnitte aus seinen bekanntesten Filmen. Mit seiner markanten tiefen Stimme erzählt er den Zuhörern von seinen Reisen und ich habe ein Déjà-vu nach dem anderen. Ich erinnere mich nämlich gut an die Zeit, als ich abends länger aufbleiben durfte, um diese wundervollen Tier-Dokus im Fernsehen anschauen zu können. Zahlreiche Preise, die Sielmann für seine filmischen Werke erhielt, sind ebenfalls zu sehen: Goldene Kamera, Bambi, Filmband in Gold, Goldener Bildschirm, Christopher Award oder der silberne Bär sind blankgeputzt in kleinen Vitrinen ausgestellt. Als ich vor Sielmanns Bronze-Kopf stehe, denke ich mir, die größte Auszeichnung für ihn wäre wohl, wenn seine Worte endlich bei allen Menschen auf der Erde Gehör finden würden.

Schautafel auf Gut Herbigshagen

Für die ganze Familie: Auf Gut Herbigshagen gibt es viel zu entdecken. Foto: Christoph Mischke

Büste von Heinz Sielmann

Tierfilmer und Naturschützer mit Leib und Seele: Prof. Heinz Sielmann. Foto: Christoph Mischke

Über Kommentare zu unseren Blog-Beiträgen freuen wir uns jederzeit. Schickt uns dazu gerne eine Nachricht auf unserer Mein Göttingen Facebook-Seite.

Christoph Mischke

Ich bin in "Chöttingen cheboren", so wie es wohl Schorse Szültenbürger in seinen vergnügten Geschichten in Göttinger Mundart geschrieben hätte. Ich hatte immer das Glück in meiner Heimatstadt leben und arbeiten zu können und halte es mit dem Historiker August Ludwig von Schlözer, der sagte: "Extra Gottingam non est vita, si est vita non est ita." (Außerhalb Göttingens kann man nicht leben, wenn aber doch, dann nicht so gut).
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